European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00002.24D.0424.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* mehrerer Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, Abs 3a Z 1 und Abs 4 zweiter Fall StGB (I A), eines Verbrechens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 und Abs 3 Z 1 StGB in der Fassung BGBl I 2009/40 (I B) und mehrerer Vergehen des Quälens oder Vernachlässigens unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen nach § 92 Abs 1 StGB (II A und B) schuldig erkannt.
[2] Danach hat sie – soweit hier von Bedeutung – in K* und andernorts
(I) gegen unmündige Personen längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt ausgeübt, und zwar
A) vom Dezember 2018 bis Anfang August 2022, somit länger als ein Jahr, gegen ihre Zwillingskinder ab deren sechstem Lebensjahr, indem sie
1) ihrem Sohn L* mehrmals wöchentlich Schläge und Tritte versetzte, wodurch er wiederholt Hämatome erlitt, ihn teils über mehrere Stunden zur Strafe in einem dunklen Zimmer einsperrte und ihm weitere Ohrfeigen versetzte, wenn er dort aus Furcht eingenässt hatte, und
2) ihre Tochter M* regelmäßig, jedenfalls einmal pro Woche, brutal an den Haaren riss und ihr Tritte versetzte, sowie
B) vom 1. Juni 2009 bis zumindest 21. Jänner 2010, indem sie ihrem Sohn T* ab dessen neuntem Lebensjahr mehrmals pro Woche mit der flachen Hand ins Gesicht schlug, ihm Stöße versetzte, wodurch er teilweise zu Sturz kam und Hämatome erlitt, und ihn in einer Vielzahl von Angriffen über mehrere Stunden in einem Zimmer einsperrte.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gegen den Schuldspruch I A und B und den Strafausspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.
[4] Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) in subjektiver Hinsicht Feststellungen zur Eignung der Tathandlungen, die Opfer in ihrer freien Lebensführung schwerwiegend zu beeinträchtigen, vermisst, erklärt sie nicht, weshalb die erstgerichtlichen Konstatierungen zu – vorsätzlichen (US 9 f) – regelmäßigen, über einen mehrjährigen (I A) oder fast neun Monate andauernden (I B) Zeitraum zumindest wöchentlich, teilweise auch öfter, erfolgten körperlichen Misshandlungen der unmündigen Opfer in Form von Schlägen oder Tritten, die zum Teil auch zu Verletzungen führten, sowie zum teilweise erfolgten Wegsperren (I A 1 und B) über mehrere Stunden (US 8 ff) für die Bejahung der – als Rechtsfrage zu beurteilenden (RIS‑Justiz RS0132824) – Eignung der gesetzten Gewalthandlungen, die Lebensführungsfreiheit der Opfer gravierend zu beeinträchtigen (Schwaighofer in WK2 StGB § 107b Rz 8 mwN, vgl RIS‑Justiz RS0127377), nicht ausreichen sollten (RIS‑Justiz RS0116565).
[5] Dem Vorwurf der Sanktionsrüge (Z 11) zuwider wertete das Erstgericht die leugnende Verantwortung der Angeklagten nicht als erschwerend (US 18).
[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[7] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[8] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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