OGH 15Os21/24p

OGH15Os21/24p17.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. April 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Mann und Dr. Sadoghi und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Weißmann in der Strafsache gegen * K* und andere Angeklagte wegen der Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten K* und * G* sowie die Berufungen des Angeklagten * H* und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 13. Oktober 2023, GZ 49 Hv 56/23b‑86a, sowie über die Beschwerde des G* gegen den zugleich gefassten Beschluss auf Widerruf einer bedingten Strafnachsicht und auf Verlängerung einer Probezeit und die Beschwerden der K* und des G* gegen die Anordnung von Bewährungshilfe nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0150OS00021.24P.0417.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden der * K* und des * G* und die Berufung des * H* werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die übrigen Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des (bisherigen) Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil – das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des* H* beinhaltet – wurden * K* und * G* jeweils des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs 1 StGB (A./), G* ferner des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B./) schuldig erkannt.

[2] Danach haben – soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – am 10. Mai 2023 in K*

A./ G*, H* und K* versucht, * Ka* eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB) absichtlich zuzufügen, indem G* und H* dem Genannten mit einer Gewindestange aus Metall und einem Baseballschläger aus Holz eine Vielzahl von Schlägen sowie Tritte gegen den Körper und zwei Schläge gegen den Kopf (US 11) versetzten, wodurch dieser eine Rissquetschwunde am Hinterkopf, eine Gehirnerschütterung und zahlreiche Prellungen, Abschürfungen und Hämatome am linken Ober‑ und Unterschenkel, am linken Außenknöchel und an der linken Körperaußenseite im Flanken‑ und Gesäßbereich erlitt, wobei K* hiefür die Adresse des Ka* nannte und die unmittelbaren Täter zum Tatort begleitete.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richten sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten in einem Schriftsatz ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden der K* und des G*. Beide verfehlen ihr Ziel.

[4] Der Mängelrüge (Z 5 erster Fall) zuwider sind die Feststellungen zur Absicht der Beschwerdeführer, dem Opfer eine schwere Körperverletzung zuzufügen, keineswegs undeutlich (RIS‑Justiz RS0089983). Denn nach den Konstatierungen des Erstgerichts kam es sämtlichen Angeklagten darauf an, Ka* durch das Versetzen von Schlägen mit dem Baseballschläger und der Gewindestange aus Eisen schwer am Körper zu verletzen (US 11). Die Beweggründe ihres Verhaltens – in Form des Bestrebens, dem Opferinfolgeunterbliebener Intervention durch die Strafverfolgungsbehörden eine Lektion zu erteilen – sind für die Feststellung des Vorsatzes ohne Bedeutung (vgl RIS‑Justiz RS0088761 [insb T2]).

[5] Die weitere Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) behauptet eine offenbar unzureichende Begründung der festgestellten (neuerlich US 11) Absicht auf Zufügung einer schweren Körperverletzung. Sie vermag aber keine den Gesetzen logischen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende Defizite (RIS‑Justiz RS0099413) der vom Schöffengericht aus den objektiven Umständen, nämlich dem gemeinsamen Tatplan, dem Zuschlagen mit einem hölzernen Baseballschläger und einer Gewindestange sowie den objektiven Verletzungen gezogenen Schlüsse vom gezeigten Verhalten auf die zugrundeliegende Intention (US 21) aufzuzeigen.

[6] Weshalb es den Feststellungen zur subjektiven Tatseite am gebotenen Sachverhaltsbezug fehlen sollte (siehe dazu RIS‑Justiz RS0119090) und das Erstgericht keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen habe, erklärt die Beschwerde (Z 9 lit a; nominell auch Z 5) nicht.

[7] Die Forderung der Rechtsrüge (Z 9 lit a) der K* nach weiteren Feststellungen zur subjektiven Tatseite, insbesondere worauf ihr Wille gründete, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116565). Soweit die Rüge ferner davon ausgeht, die Angeklagten hätten dem Opfer lediglich eine Lektion erteilen, jedoch keine schwere Körperverletzung absichtlich zufügen wollen, entfernt sie sich prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) von den Urteilskonstatierungen.

[8] Indem die Beschwerdeführer in Ansehung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite einen „sekundären Feststellungsmangel“ reklamieren, verkennen sie, dass ein Feststellungsmangel nur hinsichtlich eines nicht durch Urteilskonstatierungen geklärten, gleichwohl durch Ergebnisses des Beweisverfahrens indizierten Sachverhalts geltend gemacht werden kann (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 600). Wurden im Urteil (wie hier) Feststellungen betreffend eine entscheidende Tatsache getroffen, kann diesbezüglich kein Feststellungsmangel vorliegen (RIS‑Justiz RS0118580 [T24]).

[9] Indem auch die Subsumtionsrüge (Z 10) davon ausgeht, dass die Angeklagten dem Opfer bloß eine Lektionerteilen wollten, weshalb nur § 83 Abs 1 StGB oder § 84 Abs 5 StGB erfüllt sei, entfernt sie sich neuerlich von den Urteilskonstatierungen (US 11) und verfehlt solcherart die Ausrichtung am Prozessrecht (RIS‑Justiz RS0099810).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen der Angeklagten K* und G* und deren (implizite) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

[11] Unmittelbar nach der Urteilsverkündung am 13. Oktober 2023 ersuchte der Verteidiger des H* um Bedenkzeit (ON 86.8, 17). Die dreitägige Frist zur Anmeldung des Rechtsmittels der Berufung endete mit Ablauf des 16. Oktober 2023 (§ 294 Abs 1 iVm § 284 Abs 1 StPO). Solcherart ist die erst am 18. Oktober 2023 bei Gericht eingebrachte Berufungsanmeldung (ON 91) verspätet. Die – ausgeführte – Berufung (ON 97) war daher gemäß § 296 Abs 2 iVm § 294 Abs 4 StPO zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0100042).

[12] Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 7).

Stichworte