European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0090OB00019.24W.0318.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
[1] Das Rekursgericht bestätigte die Beschlüsse des Erstgerichts mit denen das Verfahren zur allfälligen Beendigung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung eingestellt (ON 72) und das Verfahren über die Erneuerung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung für die Betroffene gemäß § 128 AußStrG von Amts wegen eingeleitet (ON 78) wurden.
Rechtliche Beurteilung
[2] In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs gelingt es der Betroffenen nicht eine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG aufzuzeigen.
[3] 1. Nach § 52 Abs 1 AußStrG hat das Rekursgericht eine mündliche Rekursverhandlung durchzuführen, wenn es eine solche für erforderlich hält. Die Beurteilung der Notwendigkeit einer mündlichen Rekursverhandlung fällt allein in das pflichtgemäße Ermessen des Rekursgerichts (RS0120357). Für die Ausübung dieses Ermessens sind regelmäßig die besonderen Umstände des Einzelfalls maßgeblich (RS0120357 [T1]); dies gilt auch für das Erwachsenenschutzverfahren (8 Ob 159/08b).
[4] 2. Die Betroffene rügt, dass das Rekursgericht die Entscheidung, keine Rekursverhandlung durchzuführen, nicht begründet habe. Sie begründet die Notwendigkeit einer Rekursverhandlung damit, dass es zur Wahrung ihres rechtlichen Gehörs erforderlich gewesen wäre, dass sich auch das Rekursgericht im Rahmen ihrer Einvernahme davon überzeuge, ob sie in der Lage sei, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen. Die Betroffene hätte auch Stellung zu der vom Erwachsenenvertreter eingebrachten Rekursbeantwortung nehmen können.
[5] 3. Der Grundsatz des Parteiengehörs erfordert allerdings nur, dass der Partei ein Weg eröffnet wird, auf dem sie ihren Standpunkt vorbringen kann. Das rechtliche Gehör einer Partei ist also auch dann gegeben, wenn sie sich nur schriftlich äußern konnte oder geäußert hat (RS0006048). Hier hat das Erstgericht eine mündliche Verhandlung durchgeführt, in der das Gutachten des Sachverständigen erörtert wurde und in der die durch einen Rechtsanwalt vertretene Betroffene die Möglichkeit der Fragestellung an den Sachverständigen hatte. Es bestehen daher keine Anhaltspunkte für eine Gehörverletzung und es ist nicht ersichtlich, welche Verfahrensrechte der Betroffenen (auch vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK, vgl 4 Ob 232/10m) verletzt worden sein sollen. Das Rekursgericht hat keine vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise „umgewürdigt“ (2 Ob 20/12y; vgl § 52 Abs 2 AußStrG). Da die Durchführung einer Beweiswiederholung oder ‑ergänzung nicht erforderlich war, begründet die Unterlassung einer näheren Begründung für das Unterbleiben einer Rekursverhandlung im konkreten Fall keinen Verfahrensmangel (vgl G. Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG I² § 52 Rz 9 mHa ErläutRV 224 BlgNR 22. GP 50; 7 Ob 205/14v mwH zur vergleichbaren Rechtslage bei der Berufungsverhandlung nach § 480 Abs 1 ZPO; Obermaier in Höllwerth/Ziehensack, ZPO‑TaKomm § 480 ZPO Rz 2).
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