OGH 13Os7/24i

OGH13Os7/24i6.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. März 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Drach in der Strafsache gegen * F* wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 18. September 2023, GZ 22 Hv 1/23x‑38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00007.24I.0306.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Sexualdelikte

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * F* des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (A), des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (B), jeweils mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 teils erster und zweiter, teils siebenter, teils achter Fall, Abs 4 Z 1 SMG (C I 1), nach § 27 Abs 1 Z 1 teils erster und zweiter, teils achter Fall SMG (C I 2 bis 4) und nach § 27 Abs 1 Z 1 erster und zweiter Fall, Abs 2 SMG (C II) sowie mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (D) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier von Bedeutung – im Oktober 2021 in H* eine (im Urteil namentlich genannte) Minderjährige

A) mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie niederdrückte, zumindest mit einem Finger penetrierte, an den Armen und Beinen festhielt und an ihr den Vaginalverkehr vollzog, weiters

B) durch gefährliche Drohung, mit einer Verletzung am Körper (dazu US 7) zu einer Unterlassung, nämlich zur Abstandnahme davon, jemandem von der zu A beschriebenen Tat zu erzählen, genötigt.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurde der Antrag auf Vernehmung einer in der Hauptverhandlung namentlich bezeichneten Person als Zeugin (ON 37 S 8) zu Recht abgewiesen (ON 37 S 8 f).

[5] Soweit der Beweisantrag überhaupt einen Konnex zu schuld‑ oder subsumtionsrelevanten Umständen erkennen ließ, war er nämlich schon nach dem eigenen Vorbringen, wonach die als Zeugin namhaft Gemachte „wahrscheinlich als einzige sagen kann, was auch die [...] ihr gegenüber erwähnt hat, sollte es hier tatsächlich zu sexuellen Handlungen gegen den Willen der [...] gekommen sein“, auf im Erkenntnisverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS‑Justiz RS0099353 und RS0118123; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 330 f).

[6] Mit Blick auf das aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierende Neuerungsverbot hat das denAntrag ergänzende Beschwerdevorbringen auf sich zu beruhen (RIS‑Justiz RS0099618).

[7] Entgegen dem Beschwerdevorbringen (der Sache nach Z 5 zweiter Fall) blieben die zeitlichen Angaben des Zeugen E* bei der Beurteilung der Glaubwürdigkeit der Aussage der Minderjährigen (vgl dazu RIS‑Justiz RS0119422) nicht unberücksichtigt, sondern wurden als unzuverlässig verworfen (US 11).

[8] Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den Verfahrensergebnissen (§ 258 Abs 1 StPO) zur zeitlichen Einordnung der Taten bloß für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht als das Erstgericht, verlässt sie den Anfechtungsrahmen des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099674).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei hinzugefügt, dass dem Schuldspruch D wegen mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG ein Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) anhaftet:

[11] Werden – wie hier festgestellt (US 5) – durch eine Tat trotz eines Verbots nach § 12 WaffG mehrere Waffen unbefugt besessen, wird nur ein Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG verwirklicht (RIS‑Justiz RS0130142 [T1]). Mit der auf Basis des Urteilssachverhalts rechtsirrigen Annahme mehrerer Vergehen nach § 50 Abs 1 Z 3 WaffG (US 3) ist aber kein Nachteil im Sinn des § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO für den Angeklagten verbunden, weil dieser Subsumtionsfehler den hier zur Anwendung gelangenden Strafrahmen (§ 201 Abs 1 StGB iVm § 28 Abs 1 StGB) unberührt lässt und sich auch bei der Strafzumessung nicht nachteilig auswirkte (US 25).

[12] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO). Dabei ist dieses an den aufgezeigten Subsumtionsfehler nicht gebunden (RIS‑Justiz RS0118870).

[13] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte