OGH 11Os149/23f

OGH11Os149/23f16.1.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Jänner 2024 durch dieVizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Schriftführerin Mag. Drach in der Strafsache gegen * R* wegen des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB, AZ 16 Hv 59/22s des Landesgerichts Feldkirch, über die von der Generalprokuratur gegen einen Vorgang im Berufungsverfahren AZ 11 Bs 31/23f des Oberlandesgerichts Innsbruck erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Stani, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0110OS00149.23F.0116.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Im Berufungsverfahren AZ 11 Bs 31/23f des Oberlandesgerichts Innsbruck verletzt das Unterbleiben der Zustellung der zur Berufung des * R* abgegebenen Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck vom 18. April 2023 an den Berufungswerber zur Äußerung binnen angemessener Frist § 24 StPO.

Das Urteil jenes Gerichts vom 30. Mai 2023 wird aufgehoben und es wird dem Oberlandesgericht Innsbruck aufgetragen, die bezeichnete Stellungnahme dem Angeklagten * R* zur Äußerung binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zuzustellen und sodann neuerlich über dessen Berufung zu entscheiden.

 

Gründe:

[1] Mit Urteil des Einzelrichters des Landesgerichts Feldkirch vom 22. November 2022, GZ 16 Hv 59/22s-17,wurde * R* einer strafbaren Handlung schuldig erkannt und hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt.

[2] Zu einer dagegen erhobenen Berufung des Angeklagten nahm die Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck am 18. April 2023 mit dem Antrag Stellung, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben (ON 5 der Bs-Akten).

[3] Diese Stellungnahme dem (nicht durch einen Verteidiger vertretenen) Angeklagten zur Äußerung zuzustellen wurde – nach der Lage der Akten – weder vom Oberlandesgericht Innsbruck verfügt noch faktisch vorgenommen.

[4] Mit Urteil vom 30. Mai 2023 (ON 10 der Bs‑Akten) gab das Oberlandesgericht Innsbruck – nach Durchführung einer Berufungsverhandlung, welcher der Angeklagte (trotz ausgewiesener Ladung) ferngeblieben ist (vgl ON 7 und 9 der Bs‑Akten) – der Berufung wegen Nichtigkeit und wegen des Ausspruchs über die Schuld nicht, jener wegen des Ausspruchs über die Strafe hingegen teilweise Folge.

Rechtliche Beurteilung

 

[5] Wie die Generalprokuratur in ihrer zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend aufzeigt, verletzt die Vorgangsweise des Oberlandesgerichts Innsbruck das Gesetz:

 

[6] Gemäß § 24 erster Satz StPO hat, wenn eine Staatsanwaltschaft bei einem Rechtsmittelgericht zu einem Rechtsmittel Stellung nimmt, das betreffende Gericht diese Stellungnahme – mag sie auch gar keine (weiteren) Argumente gegen den Standpunkt des Rechtsmittelwerbers enthalten (RIS-Justiz RS0095298 [T2]) – dem gegnerischen Beteiligten zur Äußerung binnen einer angemessen festzusetzenden Frist zuzustellen. Dies darf nur im – hier nicht vorliegenden – Fall unterbleiben, dass die Staatsanwaltschaft lediglich zu Gunsten dieses Beteiligten Stellung nimmt (§ 24 zweiter Satz StPO).

[7] Da nicht auszuschließen ist, dass die aufgezeigte Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten wirkt, sah sich der Oberste Gerichtshof dazu bestimmt, ihre Feststellung auf die im Spruch ersichtliche Weise mit konkreter Wirkung zu verknüpfen (§ 292 letzter Satz StPO).

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