OGH 10ObS129/23b

OGH10ObS129/23b19.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Nowotny sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Mag. Schober (Senat gemäß § 11a Abs 3 ASGG) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Mag. H*, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84–86, wegen Pflegegeld, hier wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Mai 2023, GZ 13 Nc 9/23g‑2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00129.23B.1219.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller begehrte zu 30 Cgs 110/22g des Landesgerichts Korneuburg als Arbeits‑ und Sozialgericht die Gewährung von Pflegegeld. Mit Urteil vom 20. Oktober 2022 wies das Landesgericht Korneuburg die Klage ab. Das Oberlandesgericht Wien gab der Berufung des Klägers mit Urteil vom 29. März 2023 zu 8 Rs 31/23 x nicht Folge. Die Berufungsentscheidung wurde dem Klagevertreter am 7. April 2023 zugestellt.

[2] Mit der am 13. April 2023 beim Oberlandesgericht Wien eingebrachten, von ihm selbst verfassten Eingabe begehrte der Antragsteller, ihm die Verfahrenshilfe „zum Antrag auf sofortige Wiederaufnahme zum Urteil des Oberlandesgerichts Wien, 8 Rs 32/23 x“ zu bewilligen und lehnte die drei am Berufungsurteil mitwirkenden Berufsrichter als befangen ab.

[3] Mit dem angefochtenen Beschluss wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Wien den Ablehnungsantrag zurück. Der Antragsteller werfe den drei abgelehnten Richtern so wie anderen in seiner Sache tätigen Richtern zwar schwerwiegende Straftaten zu seinen Lasten vor. Seine Behauptungen seien aber ganz allgemein gehalten und ließen nicht erkennen, welche konkreten Gründe eine Befangenheit bewirken könnten. Soweit er sich gegen den Ausgang des von ihm angestrengten Verfahrens wende, bilde die behauptete Unrichtigkeit gerichtlicher Entscheidungen für sich allein keinen Befangenheitsgrund.

[4] Dagegen richtet sich der vom Antragsteller selbst verfasste Rekurs, den das Oberlandesgericht Wien nach rechtskräftiger Zurückweisung des darin enthaltenen Antrags auf Ablehnung der am angefochtenen Beschluss mitwirkenden Richter (10 ObS 103/23d) vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Rekurs ist nach § 24 Abs 2 JN zulässig, weil der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Wien als Erstgericht entschieden hat. Er bedarf auch keiner Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt, weil dem Ablehnungsverfahren ein Verfahren über die Bewilligung der Verfahrenshilfe zugrunde liegt (10 Ob 55/22v; RS0035708 [T4, T5] ua). Das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

[6] Nach ständiger Rechtsprechung muss die Ablehnung durch eine Partei gewissen Mindeststandards genügen. So muss der der Ablehnung zugrunde liegende Sachverhalt, aus dem sich der Ablehnungsgrund ergeben soll, im Ablehnungsantrag deutlich und konkret angegeben werden (3 Ob 133/23i; 8 Ob 119/16g). Im Fall der Ablehnung einer Mehrzahl von Richtern müssen zudem in Ansehung eines jeden einzelnen von ihnen konkrete Befangenheitsgründe detailliert dargetan werden (3 Nc 13/23a; 7 Nc 13/23f; 5 Nc 26/22a ua). Im Rahmen unzulässiger Pauschalablehnungen ausgesprochene Vorwürfe und Beschuldigungen, die wegen ihres mangelnden Tatsachengehalts nicht auf ihre Berechtigung überprüft werden können und die ihren Grund offenbar in der Missbilligung vorangegangener Entscheidungen haben, sind demgemäß unbeachtlich (RS0046011).

[7] Der Ablehnungsantrag des Antragstellers erfüllt die geforderten Minimalanforderungen nicht. Ein tauglicher Ablehnungsgrund lässt sich seinem Antrag, in dem er den Mitgliedern des Berufungssenats ohne jede Substantiierung das Vergehen der kriminellen Vereinigung nach § 278 StGB vorwirft, weil sie des „fortgesetzten Rentenbetrugs“ an ihm schuldig seien, nicht entnehmen. Das gilt auch für den Rekurs, in dem er seine pauschalen Anschuldigungen bloß wiederholt. Das Oberlandesgericht Wien hat den Ablehnungsantrag daher zu Recht zurückgewiesen, ohne eine Äußerung der abgelehnten Richter einzuholen (RS0045983 [T14]) oder die Gegenseite anzuhören (5 Nc 26/22a mwN).

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