OGH 14Os125/23y

OGH14Os125/23y6.12.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 6. Dezember 2023 durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari und Dr. Haslwanter LL.M. in der Strafsache gegen M* B*wegen Verbrechen der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1, 3a Z 1 und Abs 4 vierter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen, AZ 151 Hv 37/21p des Landesgerichts für Strafsachen Graz, über die Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 28. September 2023, AZ 1 Bs 114/23h, nach Anhörung der Generalprokuratur nichtöffentlich (§ 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019) den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0140OS00125.23Y.1206.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Grundrechte

 

Spruch:

Die Grundrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit Beschluss vom 8. September 2023 setzte das Landesgericht für Strafsachen Graz die über den Angeklagten am 31. Mai 2023 verhängte (ON 127) Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO fort (ON 147).

Rechtliche Beurteilung

[2] Dagegen erhob der Angeklagte in der Haftverhandlung am 8. September 2023 Beschwerde (ON 146 S 2) und führte diese mit am 15. September 2023 eingebrachtem Schriftsatz inhaltlich aus (ON 149).

[3] Der Beschwerde gab das Oberlandesgericht Graz mit dem angefochtenen Beschluss keine Folge und setzte die Untersuchungshaft ebenfalls aus dem Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 StPO fort. Zugleich beschloss das Beschwerdegericht (wie bereits zuvor das Erstgericht) die Aufhebung der Untersuchungshaft gegen Leistung einer Kaution von 20.000 Euro und Ablegung des Gelöbnisses nach § 173 Abs 5 Z 1 StPO (ON 152).

[4] Mit der dagegen fristgerecht eingebrachten Grundrechtsbeschwerde bekämpft der Angeklagte die Annahme des Haftgrundes der Fluchtgefahr und die Höhe der Kaution (ON 157).

[5] Da der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels auf die – nicht begründungspflichtige – (Haft-)Beschwerde keine Anwendung findet, ist die Erstattung von Rechtsmittelvorbringen nach Ablauf der dreitägigen, durch die Verkündung des Beschlusses ausgelösten Rechtsmittelfrist (§ 176 Abs 5 StPO) zulässig. Das Oberlandesgericht hat daher bei seiner Entscheidung sich daraus ergebende Neuerungen zu berücksichtigen (§ 89 Abs 2b erster Satz StPO).

[6] Zufolge der von § 1 Abs 1 GRBG verlangten „Erschöpfung des Instanzenzuges“ sind im Verfahren über die Grundrechtsbeschwerde aber nur jene Argumente iSd § 3 Abs 1 GRBG beachtlich, die innerhalb der Beschwerdefrist des § 176 Abs 5 StPO auf die von § 88 Abs 1 zweiter Satz StPO vorgeschriebene Weise vorgetragen wurden (vgl RIS‑Justiz RS0114487 [T19, T21]; Kier in WK² GRBG § 1 Rz 42).

[7] Da der Angeklagte die im Rahmen der Grundrechtsbeschwerde vorgebrachten, bereits im Beschwerdeverfahren vor dem Oberlandesgericht relevanten Argumente nicht innerhalb der angesprochenen dreitägigen Frist gegenüber dem Oberlandesgericht geltend gemacht hat, waren sie – mangels (inhaltlicher) Ausschöpfung des Instanzenzugs – nicht zu berücksichtigen (vgl zuletzt 12 Os 99/23k).

[8] Daraus folgt die Zurückweisung der Grundrechtsbeschwerde ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG).

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