OGH 11Os110/23w

OGH11Os110/23w14.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. November 2023 durch dieVizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger und Mag. Fürnkranz und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und Mag. Riffel in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Gindl als Schriftführerin in der Strafsache gegen * A* wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Schöffengericht vom 11. Juli 2023, GZ 37 Hv 23/23x‑15, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0110OS00110.23W.1114.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von 9. September 2020 bis Juli 2021 in R* und an anderen Orten in einer Vielzahl von Angriffen teils alleine, teils gemeinsam mit einer bislang unbekannten Täterin mit dem Vorsatz, sich unrechtmäßig zu bereichern, sowie in der Absicht, sich durch wiederkehrende Begehung gleichgelagerter Taten längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, wobei er vor der dritten Tat bereits zwei solche Taten begangen hat, * E* durch Täuschung über Tatsachen – durch Vorspiegelung verschiedenster Notlagen und Vorgabe seiner Rückzahlungsfähigkeit und Rückzahlungswilligkeit – zu Handlungen, nämlich zu Übergaben von Bargeld (insgesamt 57.500 Euro) verleitet, wobei E* aufgrund der Rückzahlung von 300 Euro im Betrag von 57.200 Euro am Vermögen geschädigt wurde (vgl aber RIS‑Justiz RS0094217 – nachträgliche [Teil‑]Schadensgutmachung), und zwar

1) am 9. September 2020 alleine und wenige Tage danach gemeinsam mit einer bislang unbekannten Täterin durch die von ihm in einem persönlichen Gespräch sowie von der unbekannten Täterin telefonisch getätigte Vorspiegelung, eine Freundin bzw die unbekannte Täterin habe einen Sohn im Irak und er benötige Geld, um den Jungen vom Irak nach Österreich zu holen, zur Übergabe von 3.500 Euro,

2) am 16. Oktober 2020 durch die Vorspiegelung, es sei in der Türkei zu einem Erdbeben gekommen und das Haus seiner Tante sei eingestürzt bzw unbewohnbar, weshalb die Familie Geld zum Wiederaufbau benötige, zur Übergabe von 10.500 Euro,

3) am 13. November 2020 durch die Vorspiegelung, seine Familie in der Türkei benötige weitere Hilfe, zur Übergabe von 11.000 Euro,

4) am 23. Dezember 2020, 22. Jänner 2021, 1. Februar 2021, 7. Mai 2021 und zu einem nicht näher eingrenzbaren Zeitpunkt im Juli 2021 unter Vorspiegelung weiterer Notlagen, wobei er jeweils um das Geld gebettelt und angegeben hat, die finanzielle Unterstützung dringend zu benötigen bzw in einem Fall unter dem Vorwand, er schulde jemandem viel Geld und werde von dieser Person unter Druck gesetzt, zur Übergabe von 5.000 Euro, 15.000 Euro, 3.000 Euro, 2.500 Euro und 7.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 (lit) a und Z 10 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) liegt vor, wenn in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StGB) erhebliche Verfahrensergebnisse bei der Beweiswürdigung übergangen wurden (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 421). Welches Verfahrensergebnis unberücksichtigt geblieben sein sollte oder bei welcher Feststellung entscheidender Tatsachen eine solche Außerachtlassung stattgefunden haben könnte, wird allerdings nicht erklärt (RIS‑Justiz RS0118316 [T4, T5], RS0130729).

[5] Überdies behauptet die Mängelrüge unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite einschließlich der auf gewerbsmäßige Begehung gerichteten Absicht. Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit ist jedoch nicht zu beanstanden, dass diese Feststellungen aus dem äußeren Tatgeschehen – unter anderem aus vorgetäuschten Notlagen, mehrmaligen Entgegennahmen von (jeweils) mehreren Tausend Euro (davon viermal über 5.000 Euro) über mehrere Monate und nicht eingehaltenen Rückzahlungsversprechen (US 3 f) – abgeleitet wurden (US 5, 8; RIS‑Justiz RS0098671; RS0116882).

[6] Welcher zusätzlichen Feststellungen zur subjektiven Tatseite es für die Subsumtion zumindest nach dem Grundtatbestand bedurft hätte, erklärt die – die entsprechenden Konstatierungen auf US 5 außer Acht lassende – Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht (zu Gegenstand und Zielrichtung vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 633).

[7] Auch die inhaltlich (nominell Z 9 lit a) gegen die Schadensqualifikation (§ 147 Abs 2 StGB) und die Gewerbsmäßigkeitsqualifikation (§ 148 zweiter Fall StGB) gerichtete Subsumtionsrüge (Z 10) orientiert sich prozessordnungswidrig nicht an den Feststellungen auf US 5 zum mehr als 5.000 Euro umfassenden Schädigungsvorsatz („im angeführten Ausmaß“ – 57.500 Euro) sowie zur Absicht des Angeklagten, sich (gerade auch) durch wiederkehrende Begehung von (erneut) schwerem Betrug („über 5.000 Euro“) längere Zeit hindurch ein „monatlich 400 Euro jedenfalls weit übersteigendes fortlaufendes Einkommen zu verschaffen“ (RIS-Justiz RS0099810, RS0099775; Kirchbacher/Sadoghi in WK² StGB § 147 Rz 59 f, § 148 Rz 6).

[8] Der zudem ins Treffen geführte Zweifelsgrundsatz ist nicht Gegenstand der hier maßgeblichen Anfechtungskategorien (RIS‑Justiz RS0102162, RS0099756; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 454).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[10] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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