OGH 1Ob112/23m

OGH1Ob112/23m20.9.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Dr. R*, 2. Dr. B*, 3. F*, 4. T* s.r.o., Slowakei, *, sämtliche vertreten durch Dr. Günther R. John, Rechtsanwalt inWien, gegen die beklagte Partei S* GmbH, *, vertreten durch die Stefan Prochaska Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Verbesserung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Berufungsgericht vom 22. März 2023, GZ 13 R 6/22p‑48, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Neusiedl am See vom 27. Oktober 2021, GZ 6 C 108/20y‑42, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00112.23M.0920.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichts wird mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entscheidung insgesamt lautet (Anm: Änderungen unterstrichen):

„1.  Die beklagte Partei ist gegenüber den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand schuldig, binnen 14 Tagen den im Vergleich zum * See gegebenen Mangel der Wasserqualität der die Liegenschaften der klagenden Parteien *, umgebenden, im Eigentum der beklagten Partei stehenden Wasserfläche mit der Grundstücksnummer *, der in einem durch hydraulische Bedingungen verursachten verstärkten Anstau von Blaualgen und Makrophyten besteht, zu beheben.

2. Die beklagte Partei ist weiters schuldig, den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen die mit 16.034,66 EUR (darin enthalten 1.838,01 EUR Ust und 9.190,05 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens zu ersetzen.

Die beklagte Partei ist schuldig, denklagenden Parteien binnen 14 Tagen die mit 1.579,06 EUR (darin 263,18 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Die Kläger haben von der Beklagten die im Spruch genannten Grundstücke samt darauf befindlichen Gebäuden gekauft, die Teil der von der Beklagten errichteten Anlage „S*“ sind. Mit dem Kauf war auch die Nutzungsmöglichkeit an der an das jeweilige Grundstück angrenzenden Wasserfläche verbunden. Diese Wasserfläche steht im Eigentum der Beklagten und wurde im Zuge der Errichtung der Anlage künstlich zur Gänze neu geschaffen und durch einen Kanal mit dem * See verbunden.

[2] Die Wasserqualität des die Liegenschaften der Kläger umgebenden Gewässers entspricht der Wasserqualität des * Sees. Allerdings kommt es dort – anders als im * See – immer wieder zum Auftreten von Blaualgen und Makrophyten. Blaualgen sind toxisch und können in großen Mengen sowohl bei Kontakt mit der Haut als auch beim Trinken des Wassers sehr unangenehm sein. Im * See treten Massenvorkommen an Blaualgen und Makrophyten aufgrund der anorganischen Trübung durch Lichtmangel eher selten auf. Im Bereich der Liegenschaften der Kläger kommt es aber durch die hydraulischen Bedingungen, insbesondere durch Stauung und Verengung der Wasserfläche und einen geringen Wassertausch, windbedingt (vor allem bei Westwind) zu einem verstärkten Wachstum von Blaualgen, die dann aufgrund dieser Bedingungen auch nicht abfließen können. Auch das Makrophytenwachstum wird durch den geringen Wasseraustausch gefördert.

[3] Ein besserer Wasseraustausch (der entweder durch den Einbau von Rezirkulationspumpen oder durch Errichtung eines Durchstichs bewerkstelligt werden könnte) könnte den Anstau aufschwimmender Algen reduzieren bzw verfrachten. Ein Durchfluss und damit ein zweiter Strömungsweg wäre eine Lösung für dieses Problem, mit Unterstützung durch eine Pumpe wäre dies „vielleicht sogar eine vollständige Lösung“. Zu einer Reduktion des Blaualgenwachstums würde es dadurch aber nicht kommen.

[4] Die Kläger begehrten, die Beklagte zur Behebung des derzeit gegebenen Mangels der Wasserqualität der ihre Liegenschaften umgebenden, im Eigentum der Beklagten befindlichen Wasserfläche durch einen Durchstich/Errichtung eines Kanals, in eventu durch Einbau einer oder mehrerer Rezirkulationspumpen zu verpflichten.

[5] Die Beklagte bestritt das Vorliegen eines Mangels. Sie sei nicht dafür verantwortlich, dass sich die Qualität des * Sees durch heißere Sommer verschlechtere.

[6] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte sei nach dem Vertrag nicht nur zur Übergabe einer bebauten Liegenschaft, sondern auch zur Zurverfügungstellung einer Wasserfläche zur Ausübung gängiger Wassersportarten verpflichtet gewesen. Da die Wasserflächen jedoch wegen des Auftretens von toxischen Blaualgen nicht uneingeschränkt genutzt werden könnten, liege ein Mangel vor, der zu einem Verbesserungsanspruch der Kläger führe.

[7] Das Berufungsgerichtbestätigte diese Entscheidungmit der Maßgabe, dass eine konkrete Bestimmung einer Verbesserungsmaßnahme (Errichtung/Durchstich eines Kanals, in eventu Einbau einer oder mehrerer Rezirkulationspumpen) im Spruch zu entfallen habe, weil dem Übergeber frei stehe, die Verbesserung – im Rahmen von Sachkunde und Vertragstreue – im Einzelnen nach bestem Wissen vorzunehmen, ohne sich vom Übernehmer Vorschriften machen zu lassen. Das Erstgericht sei zutreffend vom Vorliegen eines verbesserungsfähigen Mangels ausgegangen. Die nach den Feststellungen möglichen Maßnahmen seien ausreichend zielführend und erfolgsversprechend.

[8] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil – soweit ersichtlich – Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage fehle, ob ein erfolgreiches Verbesserungsbegehren jedenfalls den gesicherten vollständigen Erfolg der Verbesserungsmaßnahme voraussetze.

Rechtliche Beurteilung

[9] Die dagegen von der Beklagten erhobene – von den Klägern beantwortete – Revision ist zur Klarstellung zulässig. Sie ist abernicht berechtigt.

[10] 1. Soweit die Beklagte meint, sie sei zur Verbesserung der Wasserqualität des * Sees verpflichtet worden, weil die konkrete Wasserqualität ausschließlich von der Qualität dieses Sees abhänge, geht sie nicht von den getroffenen Feststellungen aus, wonach es im Bereich der Liegenschaften der Kläger wegen der im dortigen künstlichen Gewässer vorherrschenden hydraulischen Bedingungen (Stauung und Verengung der Wasserfläche, geringer Wasseraustausch) windbedingt zu einem – gegenüber dem * See – verstärkten Wachstum und Anstau von Blaualgen und Makrophyten kommt. Genau und nur dies haben die Vorinstanzen der Beklagten als mangelhafte Vertragserfüllung angelastet. Aus den Feststellungen ergibt sich weiters, dass ein besserer Wasseraustausch das Problem des Anstaus von Blaualgen möglicherweise sogar lösen, jedenfalls aber reduzieren bzw verfrachten würde, wobei bereits in der Planungsphase der Anlage der Einbau dreier Zirkulationspumpen im Gespräch war, um durch eine stärkere Strömung die Wasserqualität zu verbessern. Davon hat die Beklagte jedoch – wie festgestellt – zunächst Abstand genommen, um die Sache ein bzw zwei Jahre zu beobachten und diese Pumpen, falls erforderlich, nachzubauen.

[11] 2. Die Behauptung der Beklagten, es stehe nicht fest, dass der Einbau von Rezirkulationspumpen und/oder die Errichtung eines zweiten Strömungswegs zu einer Verbesserung der Wasserqualität auch nur in irgendeiner Form führen würde, kann vor diesem Hintergrund nicht nachvollzogen werden.

[12] Darauf kommt es aber nicht weiter an, weil es – wie die Kläger richtig bemerken – am Übergeber (hier also der Beklagten) liegt, sich auf die Unmöglichkeit der Verbesserung oder die Unverhältnismäßigkeit der Kosten zu berufen, also die Einrede der Unmöglichkeit oder Unverhältnismäßigkeit zu erheben, wenn er den Übernehmer auf die sekundären Gewährleistungsbehelfe verweisen will (RS0128891; 5 Ob 119/19i; vgl auch RS0034223; RS0034226 [zur Unmöglichkeit]). Einen derartigen Einwand hat die Beklagte in erster Instanz aber nie erhoben.

[13] 3. Bei nicht auf Geldleistung gerichteten Klagen ist das Bestimmtheitserfordernis des § 226 ZPO erfüllt, wenn dem Urteilsantrag unter Berücksichtigung des Sprach‑ und Ortsgebrauchs und nach dem Verständnis des Verkehrs entnommen werden kann, was begehrt ist (RS0037874). Dabei ist das Begehren so zu verstehen, wie es im Zusammenhalt mit der Klagserzählung vom Kläger gemeint ist; versehentlich unrichtig formulierte Klagebegehren hat das Gericht richtig zu fassen (RS0037440). Maßgebend ist also nicht allein der Wortlaut des Klagebegehrens, sondern auch der Inhalt der Prozessbehauptungen (RS0041165; RS0041254). Das Gericht ist insoweit in der Regel zur Verdeutlichung verpflichtet (RS0041254 [T13]; RS0037440 [T17]).

[14] Dem Einwand der Beklagten, dass der „gegebene Mangel“ der Wasserqualität im Spruch nicht ersichtlich sei, die aufgetragene Verbesserung daher unbestimmt und nicht exekutierbar sei, ist Rechnung zu tragen, indem der (vom Vorbringen der Kläger gedeckte und festgestellte) Mangel auch dort präzisiert wird. Damit ist überdies klargestellt, dass die Beklagte eben nicht für die allgemeine Wasserqualität des * Sees einzustehen hat. Dabei handelt es sich um eine Verdeutlichung des von den Klägern ohnehin gewollten, sodass eine Maßgabebestätigung und keine Abänderung vorliegt.

[15] 4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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