OGH 6Nc10/23g

OGH6Nc10/23g7.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Nowotny und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* GmbH, *, vertreten durch Dr. Meinrad Einsle und Dr. Rupert Manhart, Rechtsanwälte in Bregenz, gegen die beklagte Partei T* B*, vertreten durch Mag. Matthias Walch, LL.M., Rechtsanwalt in Baden, wegen 50.000 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei gemäß § 31 JN, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060NC00010.23G.0607.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Antrag, zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache statt des Landesgerichts Leoben das Landesgericht Feldkirch zu bestimmen, wird abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin begehrt in einem Verfahren vor dem Landesgericht Leoben vom Beklagten als ihrem ehemaligen Gesellschafter und Geschäftsführer die Zahlung einer Vertragsstrafe wegen Verstoßes gegen ein vereinbartes Konkurrenzverbot. Beide Parteien hatten zunächst ihren Sitz bzw Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Leoben.

[2] Die Klägerin beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Feldkirch mit der Begründung, sie habe ihren Sitz nach Bregenz verlegt. Die zu vernehmenden Zeugen hätten ihren Sitz in der Schweiz, somit in räumlicher Nähe des Landesgerichts Feldkirch.

[3] Der Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus, weil er weiterhin seinen Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts Leoben habe. Abseits der Mitarbeiter und Vertreter der Klägerin hätten die übrigen Zeugen ihren Wohnsitz in der Steiermark. Es käme bei einer Delegierung zu einem erheblichen Mehraufwand für diese Zeugen und den Beklagten.

[4] Auch das Erstgericht hielt eine Delegierung nicht für zweckmäßig, weil nur ein Drittel der Beteiligten (Parteien und einzuvernehmende Zeugen) ihren Aufenthalt im Sprengel des Landesgerichts Feldkirch hätten.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

[6] 1. Eine Delegierung soll nur den Ausnahmefall darstellen. Ohne besondere Gründe darf es nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen (RS0046441). Aus Zweckmäßigkeitsgründen kommt die Delegierung vor allem dann in Frage, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens verspricht (RS0046333). Kann die Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zu Gunsten aller Parteien beantwortet werden und widerspricht eine der Parteien der Delegierung, so hat die Delegierung in der Regel zu unterbleiben (RS0046589).

[7] 2. Eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens ist hier nicht zu erwarten. Schon das Erstgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass einer durch die beantragte Delegierung erreichbaren Zeit- und Kostenersparnis für die Anreise etwa eines Drittels der einzuvernehmenden Parteien und Zeugen ein dadurch bewirkter Mehraufwand für die übrigen rund zwei Drittel mit Wohnsitz in der Steiermark gegenüber steht. Damit kann nicht gesagt werden, dass die Gründe für eine Übertragung der Rechtssache vom Landesgericht Leoben an das Landesgericht Feldkirch überwiegen. Es hat daher beim Regelfall der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung zu bleiben.

[8] 3. Die Äußerung des Beklagten zum Delegierungsantrag enthält auch Vorbringen zur Sache und ist daher im Hauptverfahren verwertbar. Vom übrigen Verfahrensaufwand abgrenzbare Kosten des Delegierungsverfahrens sind dem Beklagten daher nicht entstanden. Dies schließt die Honorierung der Äußerung im Zwischenstreit über die Delegierung aus (RS0036025 [T5, T8]).

Stichworte