European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00028.23A.0531.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * Z* mehrerer Verbrechen nach § 3g VG schuldig erkannt.
[2] Danach hat er sich in L* und andernorts auf andere als die in den §§ 3a bis 3f VG bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, indem er die Wiederbelebung, Verbreitung und Aktualisierung der nationalsozialistischen Ideologie und des rechtsextremen Gedankenguts fördernd
1) am 16. Juni 2020 ein Pailletten‑Kissen mit einem Hakenkreuzsymbol versah und an der Eckbank seiner Küche für zumindest eines seiner Kinder wahrnehmbar platzierte und davon ein Foto anfertigte, weiters
2) vom 1. März 2020 bis zum 2. August 2021 an * K* über WhatsApp Bilddateien versendete, und zwar
a) am 1. März 2020 Adolf Hitler sowie weitere Personen zeigend, welche allesamt den Hitlergruß ausführen samt der Aufschrift „Statt Händeschütteln: BAG empfiehlt wegen Coronavirus neuen kontaktlosen Gruss mit erhobenem rechten Arm!",
b) am 28. März 2020 Adolf Hitler in Uniform mit Hakenkreuzbinde zeigend samt der Aufschrift „ist schonmal jemandem aufgefallen, dass alle Geschäfte, Schulen usw bis 20. April geschlossen bleiben sollen? Da wird doch nicht etwa heimlich ne grosse Geburtstagsfeier geplant",
c) am 25. Mai 2020 einer Zeichnung, auf welcher unter anderem ein Hakenkreuz abgebildet ist,
d) am 16. Juni 2020 das unter 1 bezeichnete Foto eines Pailletten‑Kissens mit Hakenkreuzsymbol,
e) am 17. Juli 2020 zwei jüdische Burschen samt einem Plakat mit der Aufschrift „OPEN OUR CAMPS" und ein Portrait von Adolf Hitler samt der Aufschrift „AWW THEY MISS ME" zeigend,
f) am 31. Juli 2020 zwei Hände sowie die Aufschrift „PAPER BEATS ROCK" zeigend, wobei eine Hand zur Faust geballt ist und die andere Hand den Hitlergruß ausführt,
g) am 10. August 2020 mehrere Männer zeigend, welche lachen, samt der Aufschrift „Me and the boys at the war crime trial when they start presenting my memes on screen as evidence.",
h) am 12. Februar 2021 Adolf Hitler zeigend samt der Aufschrift „Lord Völkermort",
i) am 20. März 2021 eine Pizza mit Salamischeiben zeigend, welche in Form eines Hakenkreuzes aufgelegt sind,
j) am 20. März 2021 einen Straßenzug zeigend, wobei ein Foto vorgehalten wird, auf welchem eine Reichsfahne samt Hakenkreuz zu sehen ist samt der Aufschrift „Don t cry because its over Smile cause it happened",
k) am 2. Juli 2021 einen SS‑Soldaten in Uniform zeigend samt der Aufschrift „how compelling please face the wall now",
l) am 2. August 2021 ältere Damen beim Kaffeetrinken zeigend samt der Aufschrift in einer Sprechblase „… und bei meinem Hermann wird die Demenz jetzt immer schlimmer: Mittlerweile weiß er sogar wirklich nicht mehr, was er 1944 gemacht hat",
m) am 2. August 2021 Hermann Göring zeigend samt der Aufschrift „Hermann Göring war die Bildersuchmaschine der 40er Jahre. Wir hatten ja nichts.", und
n) am 2. August 2021 mehrere Soldaten in Uniform zeigend, wobei ein Soldat den Hitlergruß ausführt, samt der Aufschrift „Andere Menschen hätten vielleicht Skrupel gehabt. Aber wir hatten ja nichts.".
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen wendet sich die auf § 345 Abs 1 Z 9 und 11 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Der Nichtigkeitsgrund der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO kann ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden (RIS‑Justiz RS0101005).
[5] Die in der Niederschrift (§ 331 Abs 3 StPO) festgehaltenen Erwägungen der Geschworenen sind nicht Gegenstand der Nichtigkeitsbeschwerde (RIS‑Justiz RS0100846 und RS0100917).
[6] Weshalb die im Wahrspruch der Geschworenen zu 1 festgestellte Wiederbetätigungshandlung nicht tatbestandsmäßig sei, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (RIS‑Justiz RS0116565). Mit Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3g VG sei hinzugefügt, dass der Beweggrund des Angeklagten dafür, sich im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen, nicht entscheidend ist (vgl RIS‑Justiz RS0088761).
[7] Der unter Bezugnahme auf andere Sachverhaltskonstellationen erhobene Vorwurf eines Rechtsfehlers mangels Feststellungen (Z 11 lit a) erschöpft sich darin, den durch den Wahrspruch subintelligierten (RIS‑Justiz RS0113270 [T4]) Vorsatz des Angeklagten (RIS‑Justiz RS0079991), sich durch die im Wahrspruch der Geschworenen festgestellten Taten im nationalsozialistischen Sinn zu betätigen, zu bestreiten. Damit verfehlt die Beschwerde die prozessförmige Darstellung des herangezogenen (materiell‑rechtlichen) Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099810).
[8] Weshalb der Wahrspruch den Schuldspruch 1 und 2d (schon) in objektiver Hinsicht nicht tragen soll, entbehrt der gebotenen Ableitung aus dem Gesetz (erneut RIS‑Justiz RS0116565).
[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 344, 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[10] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§§ 344, 285i StPO).
[11] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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