OGH 13Os16/23m

OGH13Os16/23m19.4.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Mag. Lung in der Übergabesache des * B*, AZ 312 HR 33/22a des Landesgerichts für Strafsachen Wien, über den Antrag des Genannten auf Erneuerung des Strafverfahrens nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0130OS00016.23M.0419.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Fachgebiet: Grundrechte

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

 

Gründe:

[1] Mit Beschluss vom 30. Dezember 2022 (ON 22) bewilligte die Einzelrichterin des Landesgerichts für Strafsachen Wien die Übergabe (§ 21 EU-JZG) des slowakischen Staatsangehörigen * B* an die Slowakische Republik zur Strafverfolgung wegen der dem Europäischen Haftbefehl des Bezirksgerichts Bratislava IV vom 25. November 2022, AZ 6Tp/73/2022, zugrunde liegenden Straftaten.

[2] Der dagegen am 4. Jänner 2023 erhobenen Beschwerde des Betroffenen (ON 23) gab das Oberlandesgericht Wien mit Beschluss vom 21. Februar 2023, AZ 22 Bs 3/23m, nicht Folge (ON 42.3).

Rechtliche Beurteilung

[3] Mit fristgerechtem, auf die bezeichneten Beschlüsse des Landesgerichts für Strafsachen Wien und des Oberlandesgerichts Wien bezogenen und nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützten Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens macht der Betroffene Verletzungen der Art 2, 3 und 6 MRK sowie des Art 47 Abs 2 GRC geltend.

[4] Der Antrag ist unzulässig:

[5] Ein Erneuerungsantrag, der sich nicht auf eine Entscheidung des EGMR berufen kann, hat deutlich und bestimmt darzulegen, worin eine – vom angerufenen Obersten Gerichtshof sodann selbst zu beurteilende – Grundrechtsverletzung im Sinn des § 363a Abs 1 StPO zu erblicken sei. Dabei hat er sich mit der als grundrechtswidrig bezeichneten Entscheidung in allen relevanten Punkten auseinanderzusetzen (RIS‑Justiz RS0124359).

[6] Der vorliegende Antrag beschränkt sich inhaltlich auf die Behauptung, die Bewilligung der Übergabe wäre entgegen der Ansicht der Vorinstanzen zu versagen gewesen, und wiederholt sodann das Vorbringen der Beschwerde vom 4. Jänner 2023 (ON 23).

[7] Darin ist schon eine substantiierte Behauptung einer gerade durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 21. Februar 2023 erfolgten Grundrechtsverletzung nicht zu erkennen, umso weniger eine Auseinandersetzung mit den relevanten Punkten dieser Entscheidung.

[8] Hinzugefügt sei, dass ein Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens auch im erweiterten Anwendungsbereich des § 363a StPO – dessen Wortlaut folgend – nur wegen einer Verletzung der MRK oder eines ihrer Zusatzprotokolle gestellt werden kann (RIS‑Justiz RS0132365), sodass die behauptete Verletzung von Art 47 Abs 2 GRC von vornherein ins Leere geht.

[9] Soweit sich der Antrag (auch) gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. Dezember 2022 (ON 22) richtet, war er schon deshalb nicht berechtigt, weil Erneuerungsanträge gegen Entscheidungen, die der Erneuerungswerber mit Beschwerde anfechten kann, unzulässig sind (RIS‑Justiz RS0124739 [T2] und RS0122737 [T40], 13 Os 47/11b [13 Os 54/11g]).

[10] Der Erneuerungsantrag war daher gemäß § 363b Abs 1 und 2 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

[11] Für eine Hemmung des Vollzugs der Übergabe (vgl RIS‑Justiz RS0125705) bestand schon angesichts der Unzulässigkeit des Erneuerungsantrags kein Anlass.

Stichworte