European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010NC00026.23Y.0331.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Zur Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 17. Jänner 2023, GZ 64 Cg 118/22z‑12, wird das Oberlandesgericht Linz als zuständig bestimmt.
Für den Fall einer Verfahrensfortsetzung in erster Instanz wird das Landesgericht Salzburg als zuständig bestimmt.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt vor dem Landesgericht Feldkirch, an das die Rechtssache vom Oberlandesgericht Innsbruck mit Beschluss vom 11. 7. 2022 gemäß § 9 Abs 4 AHG delegiert worden war, vom Bund aus dem Titel der Amtshaftung 1.944,59 EUR an Schadenersatz. Diesen Anspruch leitet er aus einer angeblich fehlerhaften Entscheidung des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht ab. Ende 2022 wurde ein Mitglied des Rekurssenats, aus dessen Entscheidung der Kläger seinen Amtshaftungsanspruch ableitet, zum Richter des Oberlandesgerichts Innsbruck ernannt.
[2] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Dagegen erhob der Kläger Berufung.
[3] Das Oberlandesgericht Innsbruck als Berufungsgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Bestimmung eines anderen Oberlandesgerichts gemäß § 9 Abs 4 AHG vor. Es wies darauf hin, dass an der Entscheidung des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht, aus der der Kläger seinen Amtshaftungsanspruch ableitet, ein Richter mitgewirkt habe, der nunmehrzum Richter des Berufungsgerichts ernannt worden ist.
Rechtliche Beurteilung
[4] 1. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch unter anderem aus einer Entscheidung eines Landes‑ oder Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das nach den Bestimmungen des AHG unmittelbar oder im Instanzenzug zuständig wäre (Schragel, AHG3 Rz 255, 257). Diese Bestimmung regelt einen Fall notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung und soll vermeiden, dass auch nur der Anschein der Befangenheit von Richtern entstehen kann, wenn der Anspruch aus der Verfügung des Präsidenten eines Landesgerichts oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird. Rechtspolitisches Motiv des § 9 Abs 4 AHG ist es, alle dort angeführten Gerichte, aus deren Verhalten (Entscheidungen und Verfügungen, aber auch Unterlassungen und Verzögerungen) ein Amtshaftungsanspruch abgeleitet wird, von der Entscheidung über diesen Anspruch auszuschließen, um von vornherein auch nur jeden bloßen Anschein einer Befangenheit zu vermeiden (1 Nc 42/18v mwN). Richter eines Gerichtshofs sollen nicht über Amtshaftungsansprüche erkennen, die ein Verhalten irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs zum Gegenstand haben (vgl RS0056449; Schragel aaO Rz 255 mwN).
[5] 2. Der Delegierungstatbestand ist auch dann erfüllt, wenn jener Richter, dem ein amtshaftungsbegründendes Verhalten vorgeworfen wird, nunmehr bei einem Gerichtshof tätig ist, der über eine Amtshaftungklage – als Erstgericht oder als Rechtsmittelgericht – zu entscheiden hätte (vgl RS0119894). Das ist hier der Fall.
[6] 3. Die Rechtsmittelsache ist daher einem anderen Oberlandesgericht zu übertragen, das über die erhobene Berufung zu entscheiden hat. Zugleich ist auch ein Erstgericht in jenem Sprengel für ein allfälliges weiteres Verfahren festzulegen (RS0050128 [T3]).
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