European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080NC00022.23M.0329.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Begründung:
[1] In dem beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu AZ * geführten Insolvenzverfahren beantragte der Schuldner am 20. 10. 2022 die Delegierung des Verfahrens „an den OLG Sprengel Linz“. Er äußerte die Ansicht, sowohl die für das Verfahren am Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zuständige Richterin als auch der Insolvenzverwalter sowie weitere Organe der Justiz in der Steiermark seien befangen.
[2] Mit Beschluss des Befangenheitssenats des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 3. 11. 2022 wurde der gegen die Insolvenzrichterin vom Schuldner erhobene Ablehnungsantrag zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht Graz bestätigte mit Beschluss vom 2. 2. 2023 diese Entscheidung.
[3] Die Insolvenzrichterin legt den Delegierungsantrag nunmehr mit einer eine Delegierung nicht befürwortenden Stellungnahme vor. Von der Erteilung eines Verbesserungsauftrags an den Schuldner zur Namhaftmachung eines konkreten Gerichts, an welches das Verfahren zu delegieren sei, habe sie im Hinblick auf die verneinte Zweckmäßigkeit – im Verfahren sei bereits Schlussrechnung gelegt worden – Abstand genommen.
[4] Der Insolvenzverwalter äußerte sich zum Delegierungsantrag dahin, dass er den gegen ihn erhobenen Befangenheitsvorwurf in Abrede stellt.
[5] Die Gläubiger äußerten sich zum Delegierungsantrag nicht.
Rechtliche Beurteilung
[6] Der Delegierungsantrag ist nicht begründet.
[7] Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei von dem Oberlandesgericht, in dessen Sprengel das zuständige Gericht gelegen ist, an Stelle desselben ein anderes im Sprengel dieses Oberlandesgerichts gelegenes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Delegierungen aus einem Oberlandesgerichtssprengel in einen anderen sind nach § 31 Abs 2 JN dem Obersten Gerichtshof vorbehalten.
[8] Die Möglichkeit der Delegierung nach § 31 JN besteht unter der Voraussetzung der Zweckmäßigkeit auch im Insolvenzverfahren (RIS-Justiz RS0046329; jüngst 8 Nc 59/22a). Eine Delegierung soll aber nur den Ausnahmefall darstellen. Ohne besondere Gründe darf es nicht zu einer Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung kommen (RS0046441).
[9] Aus Zweckmäßigkeitsgründen kommt die Delegierung vor allem dann in Frage, wenn die Übertragung der Zuständigkeit an ein anderes Gericht eine wesentliche Verkürzung bzw Verbilligung des Verfahrens verspricht (RS0046333).
[10] Ein Delegierungsantrag nach § 31 JN kann dagegen nicht auf Gründe gestützt werden, die für eine Ablehnung von Richtern und anderen Gerichtsorganen in Betracht kommen. Selbst das Vorliegen von für den Antragsteller ungünstigen oder unrichtigen Entscheidungen oder Verfahrensverstößen rechtfertigt eine Delegierung nicht (RS0073042; RS0114309).
[11] Der Schuldner stützt seinen Antrag, soweit diesem eine schlüssige Darstellung zu entnehmen ist, auf die Behauptung, dass seine anwaltliche Vertreterin in Konflikte mit Instanzgerichten des Oberlandesgerichtssprengels Graz und mit ihrer zuständigen Rechtsanwaltskammer verstrickt sei, sowie auf verschiedene Befangenheitsvorwürfe. Damit bringt er aber keine Gründe im Sinne der eingangs dargestellten ständigen Rechtsprechung vor, die eine Delegierung rechtfertigen können.
[12] Der Antrag des Schuldners war daher abzuweisen.
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