OGH 15Os4/23m

OGH15Os4/23m8.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Mag. Lung als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des * L* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 10. November 2022, GZ 36 Hv 27/22k‑48, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00004.23M.0308.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * L* gemäß § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen,

weil er am 31. Mai 2022 in W* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands, der auf einer geistigen und seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruhte, nämlich einer akuten Psychose im Rahmen einer bestehenden schizophrenen Erkrankung, * T* am Körper schwer zu verletzen versucht hat, indem er mit einem Multifunktionstool von hinten in dessen rechten Schulterbereich stach, wodurch der Genannte eine nicht blutende Oberhautverletzung erlitt,

und hiedurch eine Tat begangen hat, die als Verbrechen der schweren Körperverletzung nach §§ 15, 84 Abs 4 StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

 

[2] Dagegen richtet sich die auf Z 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.

[3] Indem die Mängelrüge (Z 5) und die Tatsachenrüge (Z 5a) die Urteilsaussage kritisieren, wonach „das Vorgehen des Betroffenen grundsätzlich geeignet [war], eine schwere Verletzung des T* herbeizuführen“ (US 7), beziehen sie sich nicht auf entscheidende Tatsachen, sondern auf eine rechtliche Einschätzung des Erstgerichts (vgl aber RIS‑Justiz RS0117264).

[4] Inhaltlich macht das Rechtsmittel damit – gestützt auf eine Aussage des gerichtsmedizinischen Sachverständigen („... bei der Länge dieses Tatwerkzeugs nur im Sonderfall möglich, die Rumpfdicke zu durchstoßen und erst bei Eröffnung der Brusthöhle würde es dann zu einer an sich schweren Verletzung kommen.“; ON 47 S 23) – das Vorliegen eines absolut untauglichen Versuchs (§ 15 Abs 3 StGB) geltend (Z 9 lit a). Inwiefern dieses Verfahrensergebnis aber indizieren sollte, dass eine Verletzung des T* nach Art der Handlung auch bei einer generalisierenden, von den Besonderheiten des Einzelfalls losgelösten Betrachtungsweise geradezu denkunmöglich sein sollte (vgl RIS‑Justiz RS0098852; Bauer/Plöchl in WK2 StGB §§ 15, 16 Rz 72, 82 ff), legt die Beschwerde nicht dar.

[5] Soweit sich die Beschwerde (Z 5 vierter Fall) gegen die Urteilspassage wendet, das Vorgehen des Betroffenen sei grundsätzlich (auch) geeignet gewesen, „bei einem Angriff gegen den Hals oder das Gesicht den Augapfel zu eröffnen oder eine sogar lebensbedrohliche Verletzung im Halsbereich zu bewirken“ (US 7), kritisiert sie neuerlich nicht die (begründungsbedürftige) Feststellung entscheidender Tatsachen, sondern rechtliche Erwägungen der Tatrichter.

[6] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).

[7] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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