OGH 15Os12/23p

OGH15Os12/23p8.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. März 2023 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann als weitere Richter in Gegenwart des Schriftführers Mag. Lung in der Strafsache gegen * D* und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten * A* gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 21. Dezember 2022, GZ 35 Hv 71/22d‑110, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0150OS00012.23P.0308.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten A* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * A* des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch als Mitglied einer kriminellen Vereinigung nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 (iVm Abs 1 Z 1), 130 Abs 3 (iVm Abs 1 erster und zweiter Fall), 15 StGB (A II und III), des Vergehens der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B I) und des Vergehens der Körperverletzung nach §§ 15, 83 Abs 1 StGB (B II) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er

A. als Mitglied einer zumindest aus ihm, * D*, * E* und * G* bestehenden kriminellen Vereinigung jeweils unter Mitwirkung eines anderen Mitglieds dieser Vereinigung anderen fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Wert durch Einbruch in Wohnstätten mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei sie in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch in Wohnstätten längere Zeit hindurch ein nicht bloß geringfügiges fortlaufendes Einkommen zu verschaffen, indem sie unter Einsatz besonderer Mittel, die eine wiederkehrende Begehung nahelegen, und zwar eines Einbruchswerkzeug‑Sets bestehend aus einem Rollgabelschlüssel und Schraubendrehern, handelten und bereits solche Taten begangen haben, und zwar

II. im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit * D*, * E* und * G* am 17. Mai 2022 in K*, indem sie

1. mit einem flachen Werkzeug die Wohnungstür zur Wohnung des * B* aufbrachen;

2. mit einem flachen Werkzeug die Eingangstür zur Wohnung der * P* aufbrachen und daraus 1.800 Euro Bargeld sowie eine Euromünzensammlung und Goldschmuck in unbekanntem Wert erbeuteten;

3. mit einem flachen Werkzeug die Eingangstür zur Wohnung der * M* und des * S* aufbrechen wollten, was ihnen jedoch nicht gelang;

III. gemeinsam mit * E* und * G*

1. in B*, indem sie

a) am 21. Mai 2022 den Schließzylinder der Tür zur Wohnung des Mag. * Se* abrissen und daraus Bargeld und zwei Wandteppiche im Wert von insgesamt 3.080 Euro erbeuteten;

b) am 23. Mai 2022 den Schließzylinder der Tür zur Wohnung des * Sc* abrissen und daraus Bargeld in der Höhe von 5.000 Euro erbeuteten;

c) am 25. Mai 2022 das Schließblech zum Schlosszylinder der Tür zur Wohnung der * Gu* aufbrachen, wobei sie jedoch auf frischer Tat betreten wurden;

2. am 21. Mai 2022 in P*, indem sie das Schließblech der Eingangstür der Wohnung der * K* aufbogen;

3. am 21. Mai 2022 in S*, indem sie den Schließzylinder der Tür zur Wohnung der * J* abrissen und daraus Schmuck im Wert von zumindest 500 Euro erbeuteten;

4. am 23. Mai 2022 in L*, indem sie

a) mit Hilfe eines vor Ort befindlichen Krampens das Fenster zum Haus der Mag. * Sr* einschlugen, die Räumlichkeiten durchsuchten;

b) durch Abreißen des Schließzylinders der Eingangstür zum Wohnhaus des * H*, die Räumlichkeiten durchsuchten und daraus einen leeren Möbeltresor und Bargeld in Höhe von 400 Euro erbeuteten;

B. * A* am 25. Mai 2022 in B* Mag. * Se*

I. durch Gewalt zur Duldung seiner Flucht und Unterlassung der Verfolgung zu nötigen versucht, indem er den Genannten mit beiden Händen zur Seite stieß und ihm einen Faustschlag gegen den Kopf versetzte;

II. durch den in Punkt I. angeführten Faustschlag am Körper zu verletzen versucht.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten A* aus § 281 Abs 1 Z 5, Z 9 lit a und Z 10 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

[4] Die Mängelrüge (Z 5 erster Fall) behauptet betreffend Punkt A des Schuldspruchs Undeutlichkeit, weil nicht erkennbar sei, welche entscheidenden Tatsachen auf objektiver und subjektiver Seite vom Erstgericht als erwiesen angenommen wurden. Dabei verkennt der Rechtsmittelwerber, dass es zulässig ist, Feststellungen durch Verweis auf den Spruch oder auf Aktenbestandteile vorzunehmen (vgl US 6; RIS‑Justiz RS0098936 [T15], RS0119301; Danek/Mann, WK-StPO § 270 Rz 32).

[5] Betreffend der Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit nimmt der Rechtsmittelwerber Bezug auf die beweiswürdigende Erwägung, wonach die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Angeklagten zur Bestreitung des Lebensunterhalts „offenbar nicht ausreichten“ und behauptet, dass darin eine Scheinbegründung (Z 5 vierter Fall) liege. Dabei nimmt der Beschwerdeführer nicht – wie aber geboten (vgl RIS‑Justiz RS0119370) – Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe (vgl US 11 zur wiederholten, planvollen und organisierten Tatbegehung; vgl auch RIS-Justiz RS0099494 [T11]).

[6] Die weitere Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) bringt vor, das angefochtene Urteil enthalte keine Begründung für die Feststellung, wonach Wertgegenstände mit einem Wert von über 5.000 Euro weggenommen wurden. Damit wird aber mit Blick auf die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach sich der Vorsatz des Angeklagten auf die Wegnahme von Bargeldbeständen und sonstigen Wertgegenständen mit einem Wert von über 5.000 Euro bezog (US 6), kein für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsamer Umstand angesprochen, sondern bloß die Abgrenzung von Versuch und Vollendung. Erst bei der dem Subsumtionsvorgang nachgelagerten Strafbemessung wird die Frage der Abgrenzung zwischen dem Versuchs‑ und dem Vollendungsstadium rechtlich relevant. Im System der Nichtigkeitsgründe fallen diesbezügliche Urteilsfehler in den Regelungsbereich der Z 11 zweiter Fall des § 281 Abs 1 StPO. Sie können daher nicht aus Z 5 bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0122138 [T9]).

[7] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bringt betreffend Punkt A. des Schuldspruchs vor, dass keine Zuordnung der Einbruchswerkzeuge zu einer Person erfolgte und beim Angeklagten auch kein Einbruchswerkzeug vorgefunden wurde. Damit erstattet sie bloß ein Vorbringen nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

[8] Weshalb Feststellungen nicht durch Verweise auf den Spruch erfolgen könnten, legt die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht dar (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0098936 [T15], RS0119301; Danek/Mann, WK-StPO § 270 Rz 32).

[9] Soweit der Nichtigkeitswerber vorbringt, das Urteil enthielte keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite betreffend die Wertqualifikation (nominell Z 9 lit a, inhaltlich Z 10), übergeht er die diesbezüglichen Urteilsgründe (US 6). Dass die Tatrichter bloß die verba legalia ohne Sachverhaltsbezug angeführt hätten, wird bloß behauptet, ohne jedoch darzulegen, welcher weiterer Feststellungen es bedurft hätte (vgl RIS‑Justiz RS0095939 [T1]).

[10] Das gilt auch, soweit der Rechtsmittelwerber bloß substanzlosen Gebrauch der verba legalia betreffend die Tatbegehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung behauptet (vgl jedoch US 6 f iVm US 5 f).

[11] Zu den Punkten B I und B II wird durch die Subsumtionsrüge (Z 10) jeweils die Abgrenzung zwischen Versuch und Vollendung angesprochen, aber nicht dargelegt, inwiefern dies für die Subsumtion relevant sein sollte (vgl neuerlich RIS‑Justiz RS0122138). Im Übrigen hat das Schöffengericht ohnehin jeweils Versuch nach § 15 StGB angenommen, weshalb das Vorbringen der Subsumtionsrüge letztlich unverständlich bleibt.

[12] Zur Begehung im Rahmen einer kriminellen Vereinigung verweist die weitere Subsumtionsrüge darauf, dass die Diebstähle lediglich im Zeitraum von 14. bis 25. Mai 2022 begangen wurden. Sie übergeht aber die erstgerichtliche Konstatierung, wonach sich der Angeklagte mit zumindest drei im Urteil namentlich genannten Personen zum Zweck der Begehung von Einbruchsdiebstählen in Wohnstätten für zumindest mehrere Wochen zusammenschloss (US 6 f iVm US 5). Weshalb es – entgegen dem Wortlaut des § 278 Abs 2 StGB – auf die Zeitspanne der Verübung der Diebstähle ankommen sollte, wird nicht klar (vgl RIS-Justiz RS0119848, RS0125232 [T4]; Fabrizy/Michel-Kwapinski/Oshidari, StGB14 § 278 Rz 4). Damit verfehlt sie aber prozessordnungskonforme Darlegung materiell‑rechtlicher Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

[14] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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