European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0210NS00005.22F.0223.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Durchführung des Disziplinarverfahrens wird dem Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer Wien übertragen.
Gründe:
[1] Aufgrund einer Disziplinaranzeige gegen *, Rechtsanwältin in *, beantragte der Kammeranwalt am 23. Dezember 2022 die Bestellung eines Untersuchungskommissärs nach § 22 Abs 3 DSt.
[2] Der Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer * beantragte mit der Begründung, die Anzeige betreffe ein Mitglied ihres Ausschusses, wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats die Übertragung der Durchführung des Disziplinarverfahrens an den Disziplinarrat einer anderen Rechtsanwaltskammer.
Rechtliche Beurteilung
[3] Gemäß § 25 Abs 1 erster Satz DSt kann die Durchführung des Disziplinarverfahrens wegen Befangenheit der Mitglieder des Disziplinarrats oder aus anderen wichtigen Gründen auf Antrag des Beschuldigten, des Kammeranwalts oder des Disziplinarrats selbst einem anderen Disziplinarrat übertragen werden.
[4] Wenngleich das Disziplinarverfahren erst ab der Bestellung eines Untersuchungskommissärs (§ 22 Abs 3 DSt) anhängig ist, wendet die Judikatur § 25 Abs 1 DSt auch auf das einem allfälligen Disziplinarverfahren vorgelagerte Verfahren zur dem Disziplinarrat durch seinen Präsidenten oder einen Senat obliegenden (§§ 27 Abs 1, 29 DSt) Entscheidungsfindung über einen Verfolgungsantrag des Kammeranwalts nach § 22 Abs 3 DSt an (RIS‑Justiz RS0119913 [T1 und T3], 22 Ns 1/22z mwN).
[5] Zufolge der aktuellen Stellung der Angezeigten als Mitglied des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer * liegt der Delegierungsgrund nach § 25 Abs 1 DSt vor, der zur Vermeidung des Anscheins einer Parteilichkeit der Entscheidungsträger die Übertragung der Durchführung des Verfahrens an einen anderen Disziplinarrat notwendig macht (RIS‑Justiz RS0055477).
[6] Dem Antrag war daher spruchgemäß Folge zu geben.
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