European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120OS00125.22G.1207.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde * B* des Verbrechens des Mordes nach §§ 15, 75 StGB schuldig erkannt.
[2] Danach hat er am 12. Oktober 2021 in W* versucht, * P* zu töten, indem er diesem mit einer Glasflasche wiederholt wuchtige Schläge gegen den Kopf versetzte.
[3] Die Geschworenen bejahten die anklagekonform gestellte Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes (§§ 15, 75 StGB) und verneinten die Zusatzfrage (§ 313 StPO) nach dem Strafausschließungsgrund des § 11 StGB. Die für den Fall der Bejahung der Zusatzfrage gestellte Eventualfrage (§ 314 StPO; vgl zu diesem „Dreifragenschema“ RIS‑Justiz RS0100558; Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 13) nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) blieb folgerichtig unbeantwortet.
Rechtliche Beurteilung
[4] Die dagegen aus § 345 Abs 1 Z 6 und 8 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[5] Die Fragenrüge (Z 6) verfehlt mangels Orientierung an den den Geschworenen vorgelegten Fragen die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0100865), weil die vom Beschwerdeführer vermisste Eventualfrage nach dem Vergehen der Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (§ 287 Abs 1 StGB) den Geschworenen ohnehin gestellt wurde (Eventualfrage 2., S 5 der Blg./ D zu ON 96; US 4 f).
[6] Die Instruktionsrüge (Z 8), die zur Hauptfrage nach dem Verbrechen des Mordes eine Belehrung über die Vorsatzform der Absichtlichkeit vermisst, übergeht prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119071) den Inhalt der Rechtsbelehrung, der im Rahmen eines allgemeinen Teils eine Erörterung sämtlicher Vorsatzformen vorangestellt ist (S 2 ff der Blg./ C zu ON 96; vgl Swiderski, WK‑StPO § 321 Rz 9). Zudem leitet sie nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die Geschworenen, die darüber instruiert wurden, dass für die subjektive Tatseite des Verbrechens nach § 75 StGB bedingter Vorsatz genügt (S 13 der Blg./ C zu ON 96), über die von § 75 StGB nicht geforderte Vorsatzform der Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB) zu belehren gewesen wären.
[7] Mit der Behauptung fehlender Erläuterung des Tatbestands nach § 287 Abs 1 StGB vernachlässigt die Beschwerde abermals die den Geschworenen dazu erteilte Instruktion (S 19 f der Blg./ C zu ON 96). Im Übrigen wäre darzulegen gewesen, inwiefern sich eine falsche oder unvollständige Rechtsbelehrung hinsichtlich einer nur für den Fall der (hier:) Bejahung der Hauptfrage und der Zusatzfrage (siehe dazu Lässig, WK‑StPO § 317 Rz 10) und zufolge der Verneinung der Zusatzfrage (im Ergebnis) nicht gestellten (vgl § 317 Abs 3 StPO) Eventualfrage auf die Beantwortung der Haupt‑ und der Zusatzfrage ausgewirkt haben sollte (vgl RIS‑Justiz RS0111311).
[8] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 344 iVm § 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 344 iVm § 285i StPO).
[9] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)