European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0120NS00056.22I.1107.000
Spruch:
Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * istvon der Entscheidung über die Berufung und den Einspruch der Disziplinarbeschuldigten gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 8. Juni 2021 nicht ausgeschlossen.
In Ansehung der Ablehnung sämtlicher Anwaltsrichter „aus dem OLG Sprengel Graz respektive der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer“ sowie sämtlicher Richter des Obersten Gerichtshofs wird der Antrag zurückgewiesen.
Gründe:
[1] Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 24 Ds 6/21y, 7/21w, über die im Spruch genannten Rechtsmittel zu entscheiden.
Zur Ablehnung der Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs *:
[2] Die Genannte ist Vorsitzende des zuständigen Senats des Obersten Gerichtshofs.
[3] Den Ablehnungsantrag begründet die Disziplinarbeschuldigte damit, dass Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs * am 14. Oktober 2022 zwei Beschlüsse gefasst habe, die „gravierend am Sachverhalt vorbeigeschrieben wurden und wesentliche Aspekte des Sachverhalts gar nicht wahrgenommen haben“. Daraus schließt sie, dass deren Objektivität und die Unparteilichkeit nicht mehr gegeben seien.
Rechtliche Beurteilung
[4] Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 10 f mwN).
[5] Solche Gründe liegen ausgehend von dem oben angeführten Vorbringen der Disziplinarbeschuldigten nicht vor.
Zur Ablehnung sämtlicher Anwaltsrichter „aus dem OLG Sprengel Graz respektive der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer“ sowie sämtlicher Richter des Obersten Gerichtshofs:
[6] Diesbezüglich führt die Disziplinarbeschuldigte zusammengefasst aus, dass „kein Anwalt aus dem OLG Sprengel Graz respektive der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer“ an der Entscheidung mitwirken dürfe, weil die Disziplinarbeschuldigte „seitens der Kollegenschaft ohne Parteienanzeige bei der Rechtsanwaltskammer Steiermark angezeigt“ worden sei, die ihrerseits „ohne Einleitung eines neutralen Verfahrens“ „unverzüglich Disziplinarverfahren eingeleitet“ habe.
[7] Weitersbringt sie vor, es sei „ein anderes Verfahren im Hinblick auf eine einstweilige Maßnahme gegen die Beschuldigte am Laufen [...], wobei man hier den Fehler gemacht hat seitens des Obersten Gerichtshofs, hier vor Ablauf der Frist eine Entscheidung zu treffen, womit man der Beschuldigten hier eindeutig in die höchstpersönlichen Rechte, nämlich die Rechte auf das parteiliche Gehör, das Recht auf den gesetzlichen Richter und das fair trial eingegriffen“ habe. Solcherart sei „Rechtsmitteln vorgegriffen“ worden, woraus zu schließen sei, dass der Oberste Gerichtshof als Disziplinargericht nicht mehr objektiv und unparteilich sei.
[8] Eine Ablehnung kann jedoch nur aus persönlichen Gründen gegen die bestimmte Person eines Richters erfolgen. In Ansehung der unsubstantiierten pauschalen Ablehnung (erkennbar) sämtlicher Richter des Obersten Gerichtshofs war der Antrag daher als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0046011, RS0046005 [insbesondere T10, T21]).
[9] Gleiches gilt im Hinblick auf die Pauschalablehnung (erkennbar) sämtlicher Anwaltsrichter, die „aus dem OLG Sprengel Graz“ stammen und Mitglieder der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer sind (vgl RIS‑Justiz RS0046011 [insbesondere T6]).
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