European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0020OB00144.22Y.0927.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Als „Revisionsrekurs“ erfasst § 62 AußStrG alle Rekurse gegen „im Rahmen des Rekursverfahrens ergangene“ Beschlüsse des Rekursgerichts und damit auch die Zurückweisung des Rekurses mangels Beschwer (RS0120565).
[2] 2. Nach § 259 Abs 1 ABGB hat ein Erwachsenenvertreter dem Gericht jährlich über die Gestaltung und Häufigkeit seiner persönlichen Kontakte mit der vertretenen Person, ihren Wohnort, ihr geistiges und körperliches Befinden und die für sie im vergangenen Jahr besorgten und im kommenden Jahr zu besorgenden Angelegenheiten zu berichten. Nach Abs 2 leg cit hat ein Erwachsenenvertreter, der mit der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der vertretenen Person betraut ist, dem Gericht bei Antritt der Vermögenssorge nach gründlicher Erforschung des Vermögensstandes das Vermögen im Einzelnen anzugeben und in weiterer Folge Rechnung zu legen. Das Gericht hat seine Tätigkeit zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohles der vertretenen Person zu überwachen und die dazu notwendigen Aufträge zu erteilen. Nach § 130 Abs 1 AußStrG hat der Erwachsenenvertreter im Rahmen der Kontrolle der Erwachsenenvertretung im Sinn des § 259 Abs 1 ABGB dem Gericht binnen vier Wochen nach Beginn seiner Vertretungsbefugnis einen Bericht über die Lebenssituation der vertretenen Person vorzulegen.
[3] 2.1. Der Antrittsbericht dient nach dem erkennbaren Gesetzeszweck als Grundlage für die Entscheidung des Gerichts, ob und wenn ja welche Maßnahmen zu ergreifen sind (vgl Fritz in Schneider/Verweijen, AußStrG § 130 Rz 13).
[4] 2.2. Eine besondere Form des Berichts ist der in § 259 Abs 2 Satz 1 ABGB geregelte „Antrittsstatus“, also die nach gründlicher Erforschung des Vermögensstands durch den Erwachsenenvertreter vorzunehmende Darstellung des Vermögensstands bei Antritt der Vermögenssorge. Dieser Antrittsstatus soll dem Gericht einen Überblick über die Vermögenslage der vertretenen Person verschaffen und dient als Entscheidungsgrundlage dafür, ob und in welcher Weise die Verwaltungstätigkeit zu überwachen ist (Weitzenböck in Schwimann/Kodek 5 § 259 ABGB Rz 9; Voithofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 259 ABGB Rz 45). Im Unterschied zur Kontrolle der Vermögenssituation im Rahmen der Rechnungslegung (§ 137 AußStrG) sieht das Gesetz eine förmliche Bestätigung oder Genehmigung des Berichts allerdings nicht vor (10 Ob 79/16i Punkt 2.3. mwN).
[5] 3. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Rekurses ist, dass der angefochtene Ausspruch tatsächlich den Charakter eines Beschlusses hat, also einer Willenserklärung des Gerichts, mit der es über ein Rechtsschutzbegehren oder über den Fortgang des Verfahrens entscheidet. Trifft das nicht zu, so ist der Ausspruch unanfechtbar, mag das Gericht dafür auch verfehlt die Bezeichnung als Beschluss gewählt haben (RS0106917). Ob ein anfechtbarer Beschluss oder eine bloße Mitteilung vorliegt, ist durch Auslegung des strittigen Ausspruchs zu ermitteln. Von Bedeutung ist dabei nicht nur dessen Bezeichnung, sondern auch die Rechtsgrundlage. Erfordert sie – bei richtigem Verständnis – keinen Beschluss, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, dass das Gericht einen solchen Beschluss fassen wollte (2 Ob 14/21d Rz 16 mwN).
[6] 4. Im vorliegenden Fall sprach das Erstgericht aus Anlass des Antrittsberichts der einstweiligen Erwachsenenvertreterin mit „Beschluss“ (unter anderem) aus, dass sich „das Vermögen der vertretenen Person […] wie folgt zusammen[setzt] und [...] hg zur Kenntnis [dient]“ und zählte in weiterer Folge die einzelnen Vermögenswerte auf, wobei es bezüglich eines als Oder-Konto ausgewiesenen Depotkontos anfügte, dass „davon auszugehen [sei], dass dieser Vermögenswert aus den Mitteln der betroffenen Person stammt“.
[7] Wie bereits zu Punkt 2.2. dargestellt, besteht keine (gesetzliche) Grundlage für diesen vom Erstgericht vorgenommenen Ausspruch. Umso weniger ist eine Grundlage dafür zu erkennen, in den „Beschluss“ über den Antrittsbericht Ausführungen zu Fragen des Eigentums aufzunehmen, die jedenfalls im streitigen Verfahren zu klären sind. Ein Wille des Erstgerichts, mit dem von ihm gefassten „Beschluss“ über strittige Rechtsverhältnisse zu entscheiden und damit in die rechtlich geschützte Stellung der Betroffenen einzugreifen, ist insgesamt nicht erkennbar.
[8] 5. Die Zurückweisung des Rekurses durch das Rekursgericht erweist sich damit jedenfalls im Ergebnis nicht als korrekturbedürftig, ohne dass auf die im Revisionsrekurs thematisierte Frage der Beschwer näher einzugehen wäre.
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