European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00033.22V.0830.000
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Erstgerichts vom 29. 4. 2021 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Konkursverfahren eröffnet. Sie verfügt über zwei Gesellschafter, die Ehegatten sind und zwischen denen ein Scheidungsverfahren anhängig ist. Der Antrag auf Konkurseröffnung wurde von der Kommanditistin der Schuldnerin und Ehefrau ihres Komplementärs gestellt.
[2] Im Konkurs der Schuldnerin wurde die Forderung einer Bank in Höhe von 133.159,85 EUR als Konkursforderung angemeldet und weder vom Masseverwalter noch von der Schuldnerin bestritten.
[3] Am 10. 8. 2021 stellte die Kommanditistin den Antrag, im Anmeldungsverzeichnis zu ihren Gunsten bei der Forderung der Bank den Rechtsübergang im Umfang von 72.000 EUR anzumerken. Die Antragstellerin habe die Sachhaftung für den der Forderung der Bank zugrunde liegenden Kontokorrentkredit bis zur Höhe von 72.000 EUR übernommen. Sie habe diesen Betrag mittlerweile an die Bank bezahlt, wodurch deren Forderung im Umfang der Zahlung durch Einlösung gemäß § 1358 ABGB auf die Antragstellerin übergegangen sei.
[4] Der Masseverwalter stimmte dem Antrag zu, die Schuldnerin sprach sich gegen eine Stattgebung aus, weil die teilweise Tilgung einer festgestellten Konkursforderung durch die Zahlung eines mithaftenden Dritten am Teilnahmeanspruch des ursprünglichen Gläubigers nichts ändere.
[5] Die Bank wurde vom Erstgericht nicht zu einer Stellungnahme zum Antrag aufgefordert. Sie hat ihre Forderungsanmeldung nicht eingeschränkt.
[6] Das Erstgericht bewilligte den Antrag auf Anmerkung des Rechtsübergangs im Umfang von 72.000 EUR im Anmeldungsverzeichnis bei der von der Bank angemeldeten Insolvenzforderung.
[7] Das Rekursgericht wies den gegen diesen Beschluss erhobenen Rekurs der Schuldnerin als unzulässig zurück und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung in Ermangelung einer einschlägigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung zulässig sei.
[8] Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Schuldnerin ist aus den vom Rekursgericht dargelegten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.
[9] 1. Nach der Rechtsansicht des Rekursgerichts ist der Beschluss des Insolvenzgerichts unanfechtbar.
[10] Das Anmeldungsverzeichnis habe den Charakter eines Protokolls, in dem das Insolvenzgericht mit seinen Eintragungen die Ergebnisse der Prüfungstagsatzung beurkunde. Die Feststellung einer Insolvenzforderung ergebe sich nach § 109 Abs 1 IO aus den abgegebenen Erklärungen der Beteiligten. Mangels entscheidungsförmiger Erledigung sei sie überhaupt nicht bekämpfbar. Für die Anmerkung eines Forderungsübergangs müsse das Gleiche gelten, auch wenn sie vom Insolvenzgericht nicht unmittelbar vollzogen wurde, sondern es einen gesonderten Beschluss gefasst habe.
[11] 2. Die Schuldnerin beanstandet in ihrem Revisionsrekurs im Ergebnis, dass über die Frage des Forderungsübergangs nicht im Rahmen einer (ergänzenden) Prüfungstagsatzung verhandelt und die dabei allfällig vom Insolvenzverwalter und der Schuldnerin abgegebenen Prüfungserklärungen protokolliert wurden, sondern statt dessen der von der Schuldnerin mit ihrem Rekurs angefochtene Beschluss erging.
Rechtliche Beurteilung
[12] 3. Im Konkursverfahren ist grundsätzlich jeder zum Rekurs befugt, der sich in seinem Recht gekränkt zu sein erachtet. Voraussetzung der Rekurslegitimation ist jedoch, dass der Rekurswerber in seinem Rechte verletzt sein kann; ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht (RIS‑Justiz RS0065135).
[13] Die Schuldnerin könnte durch den erstgerichtlichen Beschluss nur dann in ihren Rechten verletzt sein, wenn sie durch die Entscheidung schlechter gestellt wäre als bei der in Betracht kommenden Alternative, nämlich der Durchführung einer auf den Forderungsübergang eingeschränkten Prüfungstagsatzung.
[14] Im Rahmen der Prüfung eines angemeldeten Forderungsübergangs könnte die Schuldnerin dessen Richtigkeit bestreiten (Jelinek in Koller/Lovrek/Spitzer, § 109 IO Rz 40), diese Erklärung wäre vom Insolvenzgericht im Anmeldeverzeichnis anzumerken. In diesem Recht wurde die Schuldnerin durch den angefochtenen Beschluss aber nicht verletzt, stellt sie in ihren Rechtsmitteln doch die materielle Richtigkeit der Forderungseinlösung nicht nur nicht in Frage, sondern erklärt sogar, es sei davon auszugehen, dass tatsächlich ein Betrag von 72.000 EUR durch die Kommanditistin auf die Forderung der Bank bezahlt wurde.
[15] Die Geltendmachung einer möglichen (aber ebenfalls nicht behaupteten) Rangverschiebung aufgrund eigenkapitalersetzenden Charakters der Haftungsübernahme durch die Gesellschafterin wäre der Schuldnerin nach § 105 Abs 4 IO jedenfalls verwehrt.
[16] Das Interesse der Schuldnerin, bei der Abstimmung über einen allfälligen, im Anlassfall noch nicht einmal beantragten Sanierungsplan keinen Nachteil zu erleiden, stellt in Ermangelung eines Rechtsanspruchs auf ein günstiges Stimmverhalten der Insolvenzgläubiger keine geschützte Rechtsposition dar und kann die Rekurslegitimation nicht begründen.
[17] Durch einen allfälligen Eingriff des erstgerichtlichen Beschlusses in die Rechtsposition der Bank ist die Schuldnerin ebensowenig selbst beschwert.
[18] Dem Revisionsrekurs gegen die – mangels Beschwer jedenfalls im Ergebnis zutreffende – Zurückweisung des Rekurses der Schuldnerin war daher keine Folge zu geben.
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