OGH 15Os59/22y

OGH15Os59/22y27.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Juli 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart derSchriftführerin Mag. Marko, BA, BA in der Strafsache gegen * B* wegen des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 28. Februar 2022, GZ 39 Hv 144/21z‑43, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00059.22Y.0727.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * B* des Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB (1./) und mehrerer Verbrechen des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 207 Abs 1 StGB (2./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in S* und andernorts

1./ zu einem unbekannten Zeitpunkt im Zeitraum 1. Februar 2015 bis 1. Februar 2016 mit der am 1. Februar 2005 geborenen, sohin unmündigen * K* eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung zu unternehmen versucht, indem er diese aufforderte, ein Kondom über seinen Penis zu ziehen und diesen in den Mund zu nehmen;

2./ von einem unbekannten Zeitpunkt ab dem 2. Februar 2011 bis 2018 außer dem Fall des § 206 StGB geschlechtliche Handlungen an der genannten Unmündigen vorgenommen und von dieser an sich vornehmen lassen, und zwar

a./ in einer Vielzahl von Angriffen dadurch, dass er ihre Hand zu seinem Penis führte, ihre zumindest zum Teil entwickelten Brüste streichelte und leckte, mit seinem mit Speichel angefeuchteten Finger ihre Brustwarzen bis zur Erregung rieb und seinen Penis an ihrem Gesäß rieb;

b./ indem er zumindest ein Mal seinen mit einem Kondom versehenen Penis an ihrer Vagina rieb, an ihrer Scheide leckte und sich von ihr den mit einem Kondom überzogenen Penis lecken ließ.

[3] Gleichzeitig sprach das Landesgericht Salzburg den Genannten ausdrücklich vom weiteren Anklagevorwurf „gemäß § 259 Z 3 StPO“ frei, durch die in den Schuldsprüchen 1./ und 2./ angeführten Handlungen mit einer minderjährigen Person, die seiner Erziehung und Aufsicht unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber dieser Person geschlechtliche Handlungen vorgenommen zu haben.

Rechtliche Beurteilung

[4] Dieses Urteil bekämpft die Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – ihr Ziel verfehlt.

[5] Vorauszuschicken ist, dass sich der erwähnte Freispruch auf im Verhältnis zu den Schuldsprüchen 1./ und 2./ ideell konkurrierende strafbare Handlungen bezieht (vgl Philipp in WK² StGB § 206 Rz 32 und § 207 Rz 26) und daher als unzulässiger Qualifikationsfreispruch keine prozessuale Wirkung zu entfalten vermag (RIS-Justiz RS0115553 [T5]; Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1).

[6] Die Staatsanwaltschaft erhebt mit dem Ziel einer Unterstellung des Tatgeschehens auch unter § 212 Abs 1 Z 2 StGB den Vorwurf, die Tatrichter hätten bei der Urteilsbegründung, eine Tatbegehung des Angeklagten unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber der seiner Aufsicht unterstellten minderjährigen * K* nicht feststellen zu können (US 4), einzelne Angaben des Opfers nicht berücksichtigt (Z 5 zweiter Fall). Dieser Einwand ist jedoch unberechtigt, weil sich das Urteil mit den Aussagen des Opfers insgesamt ausführlich auseinandersetzt (US 4 ff) und dabei ohnehin auch dessen Ausführungen über das Verhältnis zum Angeklagten und über den Umstand, dass die Tathandlungen hauptsächlich in Abwesenheit der Großmutter stattfanden, ausdrücklich berücksichtigt (US 5).

[7] Im Ergebnis bekämpft die Beschwerde nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die Beweiswürdigung des Erstgerichts (RIS‑Justiz RS0098471 [T1], RS0099599).

[8] Soweit sich die Sanktionsrüge (Z 11) gegen die Anwendung des § 43a Abs 4 StGB wendet, wird lediglich ein Berufungsvorbringen erstattet (vgl RIS-Justiz RS0099865 [T2]).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

[10] Über die Berufung der Staatsanwaltschaft wegen des Ausspruchs über die Strafe wird das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).

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