European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0080OB00068.22S.0718.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Mit Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 14. 1. 2020, GZ 2 Nc 25/19m‑29 wurde über Antrag der Erlegerin der Erlag eines Betrags von 4.982,50 EUR rechtskräftig angenommen. Mit Beschluss vom 15. 3. 2021 (ON 31) wurde gemäß § 11 VerwEinzG das Einziehungsverfahren eingeleitet und nach fruchtlosem Ablauf der Ediktalfrist mit Beschluss vom 28. 6. 2021 (ON 32) der erlegte Betrag zugunsten des Bundes rechtskräftig eingezogen.
[2] Am 19. 8. 2021 wies die Vorsteherin des Bezirksgerichts St. Pölten zu GZ Jv 516/21m-2 die Rechnungsführerin des Landesgerichts St. Pölten an, den erliegenden Betrag auf „Einziehungen zum Bundesschatz“ umzubuchen.
[3] Am 7. 9. 2021 begehrte der Zweiterlagsgegner die Ausfolgung des verwahrten und eingezogenen Betrags. Mit „Beschluss“ vom 13. 10. 2021, GZ Jv 516/21m‑5, verfügte die Vorsteherin des Bezirksgerichts St. Pölten die Ausfolgung des eingezogenen Betrags von 4.982,50 EUR an den Zweiterlagsgegner.
[4] Mit Schriftsatz vom 21. 10. 2021 begehrte die Ersterlagsgegnerin die Ausfolgung eines Betrags von 2.940,45 EUR aus dem zu 2 Nc 25/19m erlegten Betrag und erhob zugleich Rekurs gegen den „Beschluss“ der Vorsteherin des Bezirksgerichts St. Pölten.
[5] Das Rekursgericht wies diesen Rekurs zurück. Zuständiges Entscheidungsorgan für den Antrag auf nachträgliche Ausfolgung sei der Gerichtsvorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts. Dieser entscheide im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung. Das Verfahren auf nachträgliche Ausfolgung sei daher als Verwaltungsverfahren konzipiert und habe in der Erledigungsform eines Bescheides zu erfolgen. Die als Beschluss bezeichnete, tatsächlich jedoch als „Bescheid“ zu wertende Entscheidung – könne daher nicht mittels Rekurs im ordentlichen Rechtsmittelweg bekämpft werden.
[6] Der ordentliche Revisionrekurs wurde vom Rekursgericht zugelassen, weil die Frage der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs – soweit überschaubar – noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei.
[7] Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Ersterlagsgegnerin mit dem Antrag, die Entscheidung dahingehend abzuändern, dass ihr ein Betrag von 2.940,45 EUR ausgefolgt werde, in eventu mit dem Antrag, dem Zweitantragsgegner nur 2.042,05 EUR abzüglich der Kosten des Verfahrenskurators und der Rekurskosten sowie dem Verfahrenskurator 1.296,70 EUR zuzuerkennen.
[8] Die Erlegerin und der Zweiterlagsgegner beteiligten sich nicht am Revisionsrekursverfahren.
[9] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) – Ausspruch des Rekursgerichts ist der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
[10] 1. Nach § 13 VerwEinzG kann, wer einen Anspruch auf Ausfolgung eines eingezogenen Verwahrnisses hatte, begehren, dass ihm der eingezogene Geldbetrag, der Erlös des verwerteten Verwahrnisses oder der Verkehrswert eines nicht verwerteten Verwahrnisses im Zeitpunkt der Einziehung in Geld ersetzt wird. Wenn das Verwahrnis noch vorhanden ist und dessen Ausfolgung möglich ist, kann der Anspruchswerber auch dessen Ausfolgung begehren. Der Anspruch verjährt in 30 Jahren ab Rechtskraft des Einziehungsbeschlusses (Abs 1).
[11] Der Antrag ist an den Vorsteher (Präsidenten) des Verwahrschaftsgerichts zu richten (Abs 2). Entspricht der Vorsteher (Präsident) dem Begehren nach Abs 1 nicht binnen drei Monaten oder lehnt er es in dieser Frist ganz oder zum Teil ab, so kann der Anspruch durch Klage gegen den Bund geltend gemacht werden (Abs 3).
[12] 2. Zuständiges Entscheidungsorgan für den Antrag auf nachträgliche Ausfolgung ist daher nach der insoweit eindeutigen Rechtslage der Gerichtsvorsteher (Präsident) des Verwahrschaftsgerichts. Dieser entscheidet im Rahmen der monokratischen Justizverwaltung (vgl § 10 VerwEinzG; Frauenberger in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG II § 13 VerwEinzG, Rz 10).
[13] 3. Dass die Entscheidung im konkreten Fall als „Beschluss“ bezeichnet wurde, ändert nichts daran, dass die Entscheidung der Vorsteherin des Bezirksgerichts im prozessualen Rechtsmittelweg nicht bekämpft werden kann (vgl auch 1 Ob 355/99h). Selbst die Ersterlagsgegnerin geht in ihrem Rechtsmittel davon aus, dass das Gesetz im Fall eines Ausfolgungsantrags nach Einziehung keine Beschlussfassung vorsieht und konkret auch kein Beschluss vorliegt.
[14] 4. Damit können aber auch allfällige Fehler im Verfahren oder der Entscheidungsfindung nicht im Außerstreitverfahren Instanzenzug geltend gemacht werden. Die (behauptete) Unrichtigkeit ist hier nicht geeignet die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit im Außersteitverfahren zu begründen, besteht doch ohnehin die Möglichkeit der klagsweisen Geltendmachung nach § 13 Abs 3 VerwEinzG. Aus demselben Grund ist auch die von der Ersterlagsgegnerin angeregte Anrufung des Verfassungsgerichts nicht möglich.
[15] 5. Für eine Umdeutung des – entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs – sehr wohl als „Rekurs“ bezeichneten Rechtsmittels besteht keine Grundlage, insbesondere wäre eine solche mit den Rechtsmittelanträgen im Revisionsrekurs nicht in Einklang zu bringen.
[16] 6. Aufgrund der eindeutigen Rechtslage war der Revisionsrekurs mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 Satz 4 AußStrG).
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