European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:009OBA00078.22V.0714.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Einschreiterin begehrte mit Antrag vom 9. 12. 2021 gemäß § 219 Abs 2 ZPO Einsicht in den vorliegenden Akt. Der hier Beklagte habe sie vor dem Landesgericht Klagenfurt auf Unterlassung und Widerruf im Zusammenhang mit ihrer Berichterstattung über einen gegen ihn geführten Zivilprozess geklagt. Dabei habe er zum Nachweis, dass kein Verfahren gerichtsanhängig sei, die Ruhensbekanntgabe aus diesem Verfahren vorgelegt, wobei sich daraus nicht eindeutig ergebe, dass es sich um das Verfahren handle, über das sie berichtet habe. Die Einschreiterin habe daher ein Interesse daran, sich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und inwiefern ihre Berichterstattung, wegen derer sie nunmehr mit zivilrechtlichen Ansprüchen des Beklagten konfrontiert sei, der Wahrheit entspreche. Sie beschränke ihren Antrag auf den verfahrenseinleitenden Schriftsatz und die (möglicherweise vorhandenen) vorbereitenden Schriftsätze der Klägerin, ein.
[2] Die Klägerin stimmte der Akteneinsicht zu, der Beklagte sprach sich dagegen aus.
[3] Das Erstgericht gab dem Antrag statt.
[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten gegen diesen Beschluss teilweise Folge. Der Antrag sei nur hinsichtlich der Akteneinsicht in den einleitenden Schriftsatz des Verfahrens berechtigt, das Mehrbegehren sei abzuweisen.
[5] Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gemäß § 528 Abs 1 ZPO nicht zulässig sei.
[6] Gegen den bestätigenden Teil dieses Beschlusses richtet sich der „außerordentliche Revisionsrekurs“ des Beklagten mit dem Antrag, den Antrag der Einschreiterin auf Akteneinsicht zur Gänze zurück‑ in eventu abzuweisen.
Rechtliche Beurteilung
[7] Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.
[8] 1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls (absolut) unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Der angeführte Ausnahmefall der Zurückweisung einer Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen liegt bei der – vom Rekursgericht bestätigten – Bewilligung eines Antrags auf Akteneinsicht nicht vor (vgl 4 Ob 44/08m = RS0041522 [T3]; 10 ObS 34/22f).
[9] 2. Wurde der erstinstanzliche Beschluss vom Rekursgericht teilweise bestätigt, ist der Beschluss des Rekursgerichts dann zur Gänze (also auch, soweit er den erstinstanzlichen Beschluss bestätigt) anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung in einem engen, unlösbaren Sachzusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert gesehen werden können (RS0044238; RS0044191). Bei dieser Beurteilung ist darauf abzustellen, ob die Aussprüche ein verschiedenes rechtliches und tatsächliches Schicksal haben können (RS0044238 [T4, T5, T15]; RS0044191 [T7]) oder es nur eine einheitliche Entscheidung geben kann (vgl RS0044244).
[10] 3. Bereits das Gesetz nimmt bestimmte Aktenteile (Entwürfe zu Urteilen und Beschlüssen, Protokolle über Beratungen und Abstimmungen des Gerichts und Schriftstücke, die Disziplinarverfügungen enthalten) aus der Akteneinsicht der Parteien und Dritter („in gleicher Weise“) generell aus (§ 219 Abs 1 ZPO). Das Akteneinsichtsrecht eines Dritten ist überdies zweifach in seinem Umfang beschränkt, nämlich insoweit er ein rechtliches Interesse glaubhaft macht und soweit dem nicht gewisse überwiegende Interessen entgegenstehen (§ 219 Abs 2 ZPO). Das Recht auf Akteneinsicht ist daher für jeden Aktenteil gesondert zu prüfen und kann – je nach Vorliegen der Voraussetzungen – unterschiedlich zu beurteilen sein (10 ObS 34/22f).
[11] 4. Das Recht auf Akteneinsicht kann daher in Bezug auf unterschiedliche Aktenteile ein unterschiedliches rechtliches und tatsächliches Schicksal haben, sodass die jeweilige Entscheidung darüber nicht im engen, unlösbaren Zusammenhang steht.
[12] 5. Der – sich nur gegen den bestätigenden Teil richtende – Revisionsrekurs des Beklagten ist daher absolut unzulässig und zurückzuweisen.
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