OGH 5Ob62/22m

OGH5Ob62/22m9.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache des Antragstellers I*, vertreten durch Mag. Dr. Alfred Wansch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin S*, vertreten durch Rudeck Schlager Rechtsanwalts KG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 14. Juli 2021, GZ 38 R 26/21m‑35, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Meidling vom 1. Dezember 2020, GZ 10 MSch 29/18f‑30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00062.22M.0609.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller ist schuldig, der Antragsgegnerin binnen 14 Tagen die mit 335,64 EUR (darin 55,94 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Antragsteller ist seit Dezember 1980 Hauptmieter einer Wohnung im Ausmaß von ca 71 m² im Haus der Antragsgegnerin. Die Wohnhausanlage wurde mit Förderungsmittel nach dem WFG 1968 aufgrund einer 1977 erteilten Baubewilligung errichtet. Der Mietzins wurde nach den Bestimmungen des WFG 1968 gebildet.

[2] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist die Vorschreibung der Antragsgegnerin für Oktober 2018 hinsichtlich eines darin enthaltenen „Hauptmietzinsbetrags“ von 84,67 EUR, der zuvor unter dem Titel der „Annuität“ vorgeschrieben worden war. Der Antragsteller hält dies für unzulässig, weil derursprüngliche Mietvertrag keine Vereinbarung enthalte, dass auch nach (teilweiser) Rückzahlung von Darlehen durch die Antragsgegnerin ihm im Ausmaß der bisherigen Annuitätenzahlung Hauptmietzins vorgeschrieben werden dürfe.

[3] Das Erstgericht stellte die Vereinbarung eines monatlichen Hauptmietzinses von 280,10 EUR für die Wohnung des Antragstellers als zulässig fest und wies das Begehren, die Antragsgegnerin habe durch Vorschreibung und Einhebung dieses Mietzinses für Oktober 2018 das gesetzliche Zinsausmaß überschritten, ab.

[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs nachträglich zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu fehle, ob das Auslaufen eines Förderdarlehens bewirke, dass mangels anderslautender Vereinbarungen im Mietvertrag eine Reduktion des Hauptmietzinses vorzunehmen sei.

Rechtliche Beurteilung

[5] Der – vom Antragsgegner beantwortete – Revisionsrekurs des Antragstellers ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruchs des Rekursgerichts nicht zulässig, er kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.

[6] 1. § 37 Abs 1 Z 8 MRG verweist die Prüfung der Zulässigkeit des vereinbarten oder begehrten Hauptmietzinses nach den zwingenden gesetzlichen Bestimmungen über die Mietzinsbildung in das außerstreitige Verfahren nach § 37 Abs 3 MRG, während die anderen Fragen, von deren Beantwortung die Feststellung der Höhe des Hauptmietzinses abhängt (so etwa die Erfüllung der allgemeinen bürgerlich‑rechtlichen Voraussetzungen für das Zustandekommen oder Weiterbestehen einer gültigen Vereinbarung) im streitigen Rechtsweg zu klären wären (RIS‑Justiz RS0070552). Die Frage, welchen Hauptmietzins der Antragsteller – auch nach (teilweiser) Rückzahlung eines Förderdarlehens – aufgrund der zwischen den Streitteilen getroffenen Vereinbarung zu zahlen hat, ist daher nicht Gegenstand des außerstreitigen Mietzinsüberprüfungsverfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG.

[7] 2. Welche gesetzliche Mietzinsschranke die Antragsgegnerin durch die – betragsmäßig unveränderte – Vorschreibung von Hauptmietzins im Ausmaß von 84,67 EUR für Oktober 2018 überschritten haben soll, führt der Revisionsrekurs nicht aus. Welche Bestimmung es verbieten sollte, den bislang unter dem Titel Annuitätenrückzahlung für Förderdarlehen auf Basis des § 32 Abs 1 WFG – vom Antragsteller unbeanstandet – vorgeschriebenen Betrag nach (teilweiser) Rückzahlung des Förderdarlehens weiterhin als Hauptmietzins in gleicher Höhe vorzuschreiben, ist dem Revisionsrekurs nicht zu entnehmen. Nach § 32 Abs 1 WFG 1968 galten im Fall der Vermietung einer mit Förderungsmitteln nach diesem Bundesgesetz errichteten Wohnung die Bestimmungen des MG mit den in Abs 2 bis Abs 6 WFG 1968 geregelten Änderungen. Nach § 32 Abs 6 WFG 1968 sind bis zur Rückzahlung der Förderungsmittel die Bestimmungen der §§ 16, 16a MG nicht anzuwenden, dieser Verweis ist nach § 58 Abs 4 MRG nach Außerkrafttreten des MG als ein solcher auf die entsprechenden Bestimmungen des MRG, somit die §§ 16, 16a MRG zu verstehen. Gemäß § 16 Abs 1 Z 2 MRG wäre bei Mietgegenständen, die – wie hier – in einem aufgrund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichteten Gebäude gelegen sind, die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses zulässig. Die Überschreitung des angemessenen Mietzinses nach § 16 Abs 1 MRG behauptet der Antragsteller aber gar nicht.

[8] 3. Warum die (teilweise) Rückzahlung eines (Förderungs‑)Darlehens eine ursprünglich zulässige Hauptmietzinsvereinbarung nach § 32 Abs 2 WFG 1968 nachträglich unzulässig machen sollte, führt der Revisionsrekurswerber nicht näher aus. Warum die von den Vorinstanzen unter Berufung auf Prader/Kuprian (Fragen zur Mietzinsbildung bei Förderungen nach dem WFG 1968/1984 vor und nach Darlehenstilgung, immolex 2007, 70) vertretene Rechtsauffassung sich nur auf den Zeitraum vor Ablauf der Förderung beziehen oder bei einer „vorzeitigen“ zusätzlichen Mietzinsvereinbarung für einen Zeitraum nach Darlehenstilgung zur Anwendung kommen sollte, ist nicht nachvollziehbar.

[9] 4. Die ins Treffen geführten konsumentenschutzrechtlichen Erwägungen anlässlich des Abschlusses des Hauptmietvertrags im Jahr 1980 sind nicht Gegenstand des Mietzinsüberprüfungsverfahrens nach § 37 Abs 1 Z 8 MRG.

[10] 5. Damit war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).

[11] 6. Die Antragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen, weshalb es der Billigkeit entspricht, ihr die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zuzusprechen.

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