OGH 15Os33/22z

OGH15Os33/22z7.6.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. Juni 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Mag. Marko, BA, BA als Schriftführerin in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 3. Dezember 2021, GZ 79 Hv 83/21v‑53, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00033.22Z.0607.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * G* des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 zweiter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und § 15 StGB als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er von November 2018 bis Ende Mai 2020 in S* zur Ausführung strafbarer Handlungen unbekannter Täter beigetragen, indem er * S*, der jene dazu bestimmte, vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge von den Niederlanden und Polen nach Österreich einzuführen, indem er im „Darknet“ Suchtgift in einer insgesamt das 67,76‑fache der Grenzmenge betragenden Menge bestellte, und zwar

‑ 4.616,83 Gramm „Speed“ mit einer Reinsubstanz von mindestens 309,32 Gramm Amphetamin (Reinheitsgehalt 8,67 %),

‑ 10 Gramm Methamphetaminderivate („Ice“) mit einer Reinsubstanz von mindestens 1 Gramm Methamphetamin (Reinheitsgehalt 10 %),

‑ 11,73 Gramm „Crystal Meth“ mit einer Reinsubstanz von mindestens 8,40 Gramm Methamphetamin (Reinheitsgehalt 71,64 %),

‑ 4.443 Stück „Ecstasy“‑Tabletten mit einer Reinsubstanz von mindestens 577,59 Gramm Amphetamin (Reinheitsgehalt von 0,13 Gramm pro Tablette),

‑ 352,32 Gramm Heroin mit einer Reinsubstanz von mindestens 42,87 Gramm Heroinbase (Reinheitsgehalt 11,86 %),

‑ 45,86 Gramm Kokain mit einer Reinsubstanz von mindestens 30,38 Gramm Kokainbase (Reinheitsgehalt 66,52 %) und

‑ 145 Gramm Cannabiskraut mit einer Reinsubstanz von mindestens 12,16 Gramm THCA und 0,92 Gramm Delta‑9‑THC (Reinheitsgehalt 8 %),

wobei es aufgrund von zwei durch das Zollfahndungsamt Frankfurt am Main, Deutschland, erfolgten Sicherstellungen in Ansehung von 255,3 Gramm „Speed“ und 203 Stück „Ecstasy“‑Tabletten beim Versuch blieb,

unbewohnte oder nicht frequentierte Zustelladressen in seinem Zustellbereich als Postzusteller nannte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 5 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) konnten die Tatrichter die auch die Einfuhr von Suchtgift umfassenden Konstatierungen zur subjektiven Tatseite des Angeklagten (US 5 f) mängelfrei aus dessen (insoweit) geständiger Verantwortung (US 7 und 11; ON 52 S 3 ff) ableiten.

[5] Mit den als übergangen erachteten Angaben des Zeugen * K* (ON 52 S 6 iVm [richtig:] ON 24 in ON 3 S 175 f), wonach dieser Teile der Suchtgiftmengen vor dem Zeitraum der Tatbegehung durch den Angeklagten gekauft habe, spricht die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) keinen für die Schuld- oder die Subsumtionsfrage bedeutsamen Aspekt an, weil selbst bei Entfall der genannten Mengen angesichts der festgestellten Handlungseinheit (US 4 ff) mehr als das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge der oben genannten Suchtgifte verbleibt (vgl RIS‑Justiz RS0127374).

[6] Die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) behauptet, die Aussage des „Zeugen * M* [… in] seiner polizeilichen Einvernahme am 14. Mai 2019“ wäre übergangen worden, lässt jedoch trotz umfangreichen Aktenmaterials die Bezeichnung der konkreten Fundstelle vermissen (vgl aber RIS‑Justiz RS0124172 [T8, T9]).

[7] Mit der Behauptung, die Berechnung der tatverfangenen Suchgiftmengen wäre nicht nachvollziehbar, beschränkt sich der Beschwerdeführer darauf, nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (vgl insb US 7 und 9 ff) zu bekämpfen.

[8] Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall begründet ein Sachverhaltssubstrat nur dann, wenn es vom Gericht offenbar unrichtig als entscheidend für die Anwendung oder Nichtanwendung einer Rechtsvorschrift der Strafbemessung beurteilt und solcherart verfehlt beim Strafausspruch in Anschlag gebracht wurde, für diesen also maßgebend war (RIS‑Justiz RS0116960; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 692).

[9] Die vom Beschwerdeführer reklamierte Berücksichtigung des vom Erstgericht nicht in Anschlag gebrachten bisher ordentlichen Lebenswandels kann hingegen nur mit Berufung eingefordert werden (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 680, 705, 709).

[10] Mit Blick auf § 290 Abs 1 StPO bleibt anzumerken, dass der unbekämpft gebliebene Ausspruch über die Konfiskation (§ 19a Abs 1 StGB) in Ansehung der „sichergestellten Suchtgiftutensilien“ (US 3 und 6), nämlich von jeweils zwei Stück Cannabis- und Amphetaminreiben, einer elektronischen Suchtgiftwaage und einem Schneidbrett mit Amphetaminanhaftungen (US 6), mit Nichtigkeit (nach § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO) behaftet ist, weil dem Urteil – das insoweit ohne Sachverhaltsbezug auf „die Abwicklung der Suchtgiftgeschäfte“ (US 6) verweist – mangels Feststellungen zur Verwendung dieser Gegenstände bei den dem Angeklagten konkret angelasteten Modalitäten der Tatbegehung (RIS‑Justiz RS0133668) keine hinreichenden Entscheidungsgrundlagen zu dieser Maßnahme zu entnehmen sind. Da der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung ausdrücklich auf die Ausfolgung verzichtet hat (ON 52 S 5), bedurfte es mangels ihn treffender konkreter Nachteile jedoch keiner amtswegigen Wahrnehmung dieses Rechtsfehlers (vgl RIS‑Justiz RS0088201 [T11 und T14]).

[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits in nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten folgt (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte