OGH 13Os16/22k

OGH13Os16/22k18.5.2022

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Mai 2022 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Gsellmann in der Strafsache gegen * G* wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 7. September 2021, GZ 41 Hv 3/21p‑36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00016.22K.0518.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * G* jeweils eines Verbrechens des sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person nach § 205 Abs 1 StGB (1) und nach § 205 Abs 2 StGB (2) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in D* eine schlafende oder gerade erwachende, sohin wehrlose Person unter Ausnützung dieses Zustands dadurch missbraucht, dass er

(1) am 13. September 2020 mit * C* den Beischlaf vornahm und

(2) Mitte Juli 2019 außer dem Fall des § 205 Abs 1 StGB an * M* eine geschlechtliche Handlung vornahm, indem er sie an der Klitoris massierte.

[3] Dagegen wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Verfahrensrüge zuwider verfiel der in der Hauptverhandlung gestellte Antrag des Angeklagten aus folgenden Gründen zu Recht der Abweisung (ON 35 S 23 f):

[5] Begehrt wurde die Einholung eines „aussagepsychologischen und psychiatrischen Gutachtens“ zum Beweis dafür, dass „die Angaben des Angeklagten, wonach er sich an die Übergriffe nicht erinnern könne, glaubhaft sind, zumal eine parasomnische Episode vorlag“ und eine solche „auch im Schlaf zu unbewussten Handlungen mit anschließender Amnesie“ führen könne, sodass beim Angeklagten „zum Tatzeitpunkt kein tatsächlicher Bewusstseinsgrad vorhanden war“ (ON 35 S 23).

[6] Die mit dem Antragsvorbringen angesprochene Überzeugungskraft von Personalbeweisen (hier der Glaubhaftigkeit der Angaben des Angeklagten) obliegt der Beurteilung durch das Gericht (§ 258 Abs 2 StPO), wobei nur ausnahmsweise die Hilfestellung eines Sachverständigen in Betracht kommt (RIS-Justiz RS0120634 und RS0097733 [insb T3]). Ein solcher Ausnahmefall (dazu eingehend mwN Fabrizy/Kirchbacher, StPO14 § 126 Rz 5) wurde nicht dargetan.

[7] Zudem ließ der Antrag offen, weshalb die angestrebte Einholung des bezeichneten Gutachtens das behauptete Ergebnis (unwillkürlichen Verhaltens [siehe dazu Fuchs/Zerbes, AT I11 7/8 ff] infolge jeweils vorliegender „parasomnische[r] Episode[n]“) hätte erwarten lassen. Solcherart war er auf im Hauptverfahren unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (RIS-Justiz RS0099353 und RS0118444; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330).

[8] Mit Kritik an der Begründung des abweisenden Zwischenerkenntnisses entfernt sich die Rüge vom Prüfungsmaßstab des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0116749 und RS0121628 [T1]).

[9] Das den Antrag ergänzende Beschwerdevorbringen hat angesichts des aus dem Wesen des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes resultierenden Neuerungsverbots auf sich zu beruhen (RIS-Justiz RS0099618).

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[11] Über die Berufungen hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte