European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0150OS00020.22P.0427.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
[1] * B* wurde im ersten Rechtsgang mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 28. April 2021, GZ 46 Hv 17/21m‑205, des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 12 dritter Fall, 142 Abs 1, 143 Abs 1 zweiter Fall StGB (II./A./), des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs 1 StGB (II./B./1./) und des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 2 WaffG (II./B./2./) schuldig erkannt.
[2] Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft relevant,
haben * A* und * M* im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter (§ 12 erster Fall StGB) am 12. August 2020 in S* Gewahrsamsträgern der Raiffeisenbank S* L* eGen Bargeld im Gesamtwert von 28.700 Euro durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben unter Verwendung einer Waffe mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, abgenötigt, indem sie einen Revolver auf * Br* und * W* richteten und Geld forderten (I./A./2./);
hat * B* am 12. August 2020 in S* zu der unter I./A./2./ angeführten strafbaren Handlung von * A* und * M* beigetragen, indem er diese vereinbarungsgemäß mit dem Pkw von W* nach S* sowie wieder zurück chauffierte, sie vor Ort beim Auskundschaften der Örtlichkeiten unterstützte und sie nach der Tat im Nahebereich der Bankfiliale abholte (II./A./).
[3] Mit Erkenntnis des Obersten Gerichtshofs vom 15. September 2021, AZ 15 Os 97/21k, wurde in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten B* sowie aus deren Anlass das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt blieb, in der rechtlichen Unterstellung der vom Schuldspruch II./A./ erfassten Tat unter § 143 Abs 1 zweiter Fall StGB, demzufolge auch im Strafausspruch sowie weiters im Einziehungserkenntnis betreffend eine Gaspistole aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Wien verwiesen.
[4] Im zweiten Rechtsgang erachtete es dasSchöffengericht für nicht erweislich, dass der Angeklagte B* die Verwendung einer Waffe durch die unmittelbaren Täter des Bankraubs vom 12. August 2020 in seinen (zumindest bedingten) Vorsatz aufgenommen hatte (US 4), und verurteilte den Angeklagten entsprechend dem rechtskräftigen Schuldspruch des ersten Rechtsgangs zu einer Freiheitsstrafe.
Rechtliche Beurteilung
[5] Der gegen dieses Urteil aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft kommt – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – keine Berechtigung zu.
[6] Die Tatrichter begründeten ihre Negativfeststellung (US 4) zum Vorsatz des Angeklagten B* auf Verwendung einer Waffe durch die unmittelbaren Täter A* und M* damit, dass dessen leugnende Verantwortung nicht durch andere Beweisergebnisse habe widerlegt werden können (US 4 ff).
[7] Entgegen dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) war das Erstgericht nicht zu einer expliziten Auseinandersetzung damit verhalten, dass der Angeklagte im ersten Rechtsgang eine Beteiligung noch zur Gänze in Abrede gestellt hatte, sich in der Hauptverhandlung am 23. November 2021 (im zweiten Rechtsgang) in Bezug auf den Grundtatbestand schuldig bekannte und im Übrigen von seinem Recht zu schweigen (vgl § 7 Abs 2 StPO) Gebrauch machte. Denn diese Umstände stehen der getroffenen (Negativ-)Feststellung nicht erörterungsbedürftig entgegen.
[8] Das auf § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO gestützte Vorbringen macht im Wesentlichen geltend, dass aus dem äußeren Geschehensablauf, nämlich der gemeinsamen Fahrt des Angeklagten mit den unmittelbaren Tätern A* und M* von W* nach S* (US 5), der Unterstützung beim Auskundschaften der Örtlichkeiten und dem Umstand, dass der Angeklagte die den Bankraub Ausführenden unmittelbar nach der Tatbegehung in sein Auto steigen ließ und zurück nach W* chauffierte (US 4 iVm ON 205 S 9 f), zwingend auf den (zumindest bedingten) Vorsatz auf Verwendung einer Waffe hätte geschlossen werden müssen.
[9] Dass aus den Beweisergebnissen auch für den Standpunkt der Anklagebehörde sprechende Schlussfolgerungen hätten gezogen werden können oder diese gar naheliegender erscheinen, stellt den Nichtigkeitsgrund jedoch nicht her (RIS‑Justiz RS0099438 [T2]). Eine Überschreitung der Grenzen des bei der Beweiswürdigung Vertretbaren (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 450; vgl auch RIS‑Justiz RS0118010) liegt nicht vor.
[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d StPO sofort zurückzuweisen. Über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Oberlandesgericht zu entscheiden haben (§ 285i StPO).
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