OGH 1Ob64/22a

OGH1Ob64/22a20.4.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofrätin und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*gesellschaft, *, vertreten durch die Berger Daichendt Grobovschek Perfeller Rechtsanwälte OG, Salzburg, gegen die beklagte Partei M* GmbH *, vertreten durch die Benn‑Ibler Rechtsanwälte GmbH, Wien, wegen 36.115,92 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz vom 27. Jänner 2022, GZ 3 R 147/21i‑46, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00064.22A.0420.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit 33.310,61 EUR als zu Recht bestehend fest, sprach aus, dass die von der Beklagten erhobene Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 33.310,61 EUR samt Zinsen. Ein Mehrbegehren wies es rechtskräftig ab.

[2] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Urteil des Erstgerichts im Umfang der Anfechtung sowie das diesem vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück. Es sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

[3] Der Beschluss des Berufungsgerichts wurde dem Vertreter der Klägerin am 10. 2. 2022 zugestellt, die ihren Rekurs im elektronischen Rechtsverkehr am 9. 3. 2022 einbrachte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Der Rekurs ist verspätet.

[5] 1.1 Das Erstgericht hat sich mit der Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs in seiner Entscheidung nicht auseinandergesetzt, sodass der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem das Ersturteil als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen wird, mit „Vollrekurs“ – also ohne die Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 502 Abs 1 und § 528 Abs 2 ZPO – anfechtbar ist (RIS‑Justiz RS0043861; RS0116348; RS0043882 [T11]).

[6] 1.2 Für einen solchen Fall ist ein Zulässigkeitsausspruch durch das Berufungsgericht im Gesetz nicht vorgesehen. Ein vom Berufungsgericht dennoch erfolgter Ausspruch über die Zulässigkeit eines weiteren Rechtszugs gilt als nicht beigesetzt (vgl 3 Ob 12/19i).

[7] 2.1 Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt kein Beschluss im Sinn des § 519 Abs 1 Z 2 ZPO vor, weil das Berufungsgericht die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen hat. Damit kommt die Bestimmung des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO zum Tragen. Der Rekurs gegen einen danach ergangenen Beschluss ist zwar zweiseitig, weil es sich um keine bloß verfahrensleitende Entscheidung handelt (dazu RS0128487). Die Rekursfrist beträgt gemäß § 521 Abs 1 ZPO idF ZVN 2009 in einem solchen Fall aber 14 Tage; ein in dieser Bestimmung genannter Ausnahmefall liegt hier nicht vor (4 Ob 188/18b mwN; Kodek in Rechberger/Klicka, ZPO5 § 519 Rz 8).

[8] 2.2 Letzter Tag der Frist zur Erhebung eines Rekurses gegen den Beschluss des Berufungsgerichts war der 24. 2. 2022. Das von der Klägerin am 9. 3. 2022 eingebrachte Rechtsmittel ist daher verspätet und daher zurückzuweisen.

[9] 3. Die Beklagte hat in ihrer Rekursbeantwortung zwar auf die Verspätung des Rechtsmittels der Klägerin hingewiesen. Kosten wurden für diesen Schriftsatz jedoch nicht verzeichnet.

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