European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00223.21G.0420.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit 688,92 EUR (darin 114,82 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, was nur einer kurzen Begründung bedarf (§ 510 Abs 3 ZPO):
[2] Das Berufungsgericht wies die auf Duldung von Einbauten (einer mit Sickersteinen ausgeführten Anrampung mit einer Fläche von 120 cm x 230 cm) gerichtete Klage auch mit der (Hilfs-)Begründung, die Interessenabwägung schlage zu Gunsten der Beklagten aus, ab.
[3] Interessenabwägungen (hier zwischen denjenigen der Beklagten als Eigentümerin des dienenden Guts und denen der inzwischen verstorbenen ursprünglichen Klägerin als Wegeberechtigte) sind stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründen in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl zu Dienstbarkeiten 5 Ob 187/20s; 4 Ob 197/20d; RIS‑Justiz RS0011720 [T17]).
[4] Eine (angebliche) „krasse Fehlbeurteilung“ bei dieser Interessenabwägung liegt nicht vor. Nur wenn eine solche vorläge, wäre aber auf die vom Berufungsgericht behauptete Judikaturdivergenz einzugehen (nach einer „Rechtsprechungslinie“ sollen Eingriffe in Form baulicher Maßnahmen stets unzulässig sein, nach einer anderen sei auch in solchen Fällen eine Interessenabwägung vorzunehmen).
[5] Dienstbarkeiten sind möglichst schonend (einschränkend) auszuüben (vgl RS0011757; RS0011740 [T3]; Memmer in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.04 § 484 Rz 3; Hofmann in Rummel³ § 484 ABGB Rz 3). Bei mehreren Möglichkeiten der Zweckerreichung muss immer jene gewählt werden, die den Eigentümer am wenigsten belastet. Die Belastung ist so gering zu halten, wie es der Zweck der Dienstbarkeit gerade noch erlaubt (8 Ob 138/18d), wobei die Interessen aller Beteiligten abzuwägen sind (7 Ob 108/19m; RS0011720 [T14]).
[6] Die Revisionswerber (als eingeantwortete Erben) behaupten ohne nähere Tatsachenausführungen, es handle sich bei den Einbauten um geringfügige Eingriffe in das dienende Gut, wobei sich allerdings schon anhand des Begehrens (und des daraus hervorgehenden Bedarfs an Fläche), nämlich der Errichtung einer Anrampung mit Betonsickersteinen auf einer Fläche von 120 cm x 230 cm, beurteilen lässt, dass von einem bloß geringfügigen Eingriff nicht gesprochen werden kann. Mit den Überlegungen des Berufungsgerichts dazu, dass abseits der Dienstbarkeit auch ein öffentlicher Weg (somit auf befestigtem und befahrbarem Untergrund) mit nur äußerst geringem Umweg zur Verfügung steht, was im Rahmen der Interessenabwägung nicht unbeachtet bleiben könne, befassen sich die Kläger gar nicht. Eine klare Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts bei der Interessenabwägung können sie daher nicht aufzeigen.
[7] Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 iVm § 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagte hat auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen, weshalb ihre Rechtsmittelgegenschrift als eine zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderliche Maßnahme im Verfahren dritter Instanz anzusehen ist.
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