European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00002.22Z.0329.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.017,90 EUR (darin enthalten 169,65 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Beklagte ist Hauptmieterin von Geschäftsräumen und führte mit dem Kläger Gespräche über eine allfällige Untervermietung dieser Räumlichkeiten an ihn. Am 12. 11. 2019 übermittelte die Beklagte dem Kläger einen Untermietvertragsentwurf, den der Kläger aber nur mit einer siebenjährigen Vertragslaufzeit und einem ebenso langen Kündigungsverzicht der Beklagten hinsichtlich des Hauptmietvertrags akzeptieren wollte. Am 19. 12. 2019 teilte die Beklagte mit, dass noch nicht klar sei, ob dies akzeptiert werden könne. Am 14. 1. 2020 informierte der Kläger die Beklagte darüber, dass er das Objekt nach Möglichkeit am 1. 2. 2020 übernehmen wolle, woraufhin ihm die Beklagte am 22. 1. 2020 mitteilte, dass es noch andere Interessenten gebe und eine Entscheidung der Beklagten noch ausständig sei. Daraufhin verlangte der Kläger mit Schreiben vom selben Tag von der Beklagten eine Bestätigung, dass er das Objekt mit 1. 2. 2020 übernehmen könne, wobei er um Antwort bis 25. 1. 2020 ersuchte. Am 30. 1. 2020 übermittelte die Beklagte dem Kläger einen Mietvertragsentwurf, der die Änderungswünsche des Klägers zumindest teilweise berücksichtigte, worauf der Kläger aber nicht mehr antwortete.
[2] Der Kläger begehrt von der Beklagten nunmehr 13.639,20 EUR sA, weil er im Vertrauen auf die Zusage der Beklagten Aufwendungen zur Vorbereitung des Geschäftsbetriebs getätigt habe und ihm durch das Scheitern des Untermietvertrags Gewinne entgangen seien.
[3] Die Beklagte wendete ein, dass sie keine verbindlichen Zusagen gemacht habe und noch keine Einigung hinsichtlich der Änderungswünsche des Klägers erzielt worden sei.
[4] Das Erstgericht wies die Klage ab, weil noch kein verbindlicher Vertrag zustande gekommen und die Beklagte nicht verpflichtet gewesen sei, den Vertrag nur deshalb abzuschließen, weil sie darüber Verhandlungen geführt habe. Der Kläger habe auch kein Recht gehabt, der Beklagten eine Frist zu setzen.
[5] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Die Beklagte habe auf das Schreiben des Klägers vom 22. 1. 2020 nur geringfügig verspätet reagiert. Letztlich sei der Vertragsabschluss daran gescheitert, dass der Kläger die Verhandlungen abgebrochen habe. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil der Frage, ob die Missachtung einer in den Vertragsverhandlungen gesetzten Äußerungsfrist ohne explizite Androhung eines Abbruchs der Vertragsverhandlungen eine culpa in contrahendo begründen könne, über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die Revision des Klägers ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulassungsausspruch unzulässig.
[7] 1. Ein Vertrag ist noch nicht abgeschlossen, solange einzelne Fragen einer Vereinbarung vorbehalten und darüber noch keine Einigung erzielt wurde, wobei es nicht darauf ankommt, ob es sich dabei um wesentliche oder unwesentliche Bestimmungen handelt (RS0013972; vgl auch RS0013973). Soweit nichts Gegenteiliges vereinbartwurde, muss daher über sämtliche Vertragspunkte Einigkeit erzielt werden, die zum Gegenstand der Vertragsverhandlungen gemacht wurden (RS0013972 [T2, T3, T4]). Da die vom Kläger geforderte Vertragslaufzeit samt Kündigungsverzicht von der Beklagten nicht akzeptiert wurde, ist kein Vertrag zustande gekommen. Die Behauptung des Klägers, dass ihm die Übergabe des Bestandobjekts im Februar zugesagt worden wäre, entspricht nicht dem festgestellten Sachverhalt.
[8] 2. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist jedermann berechtigt, Vertragsverhandlungen abzubrechen, auch wenn dies begründete Hoffnung des anderen enttäuscht (RS0013988). Es ist nämlich niemand verpflichtet, einen Vertrag nur deshalb abzuschließen, weil er Verhandlungen bestimmten Inhalts geführt hat (RS0013988 [T7]).Solange der Vertrag nicht zustande gekommen ist, erfolgen Aufwendungen im Hinblick auf den in Aussicht genommenen Vertrag auf eigenes Risiko (RS0013988 [T8]). Etwas anderes gilt – abgesehen vom Fall der vorsätzlichen Schädigung – nur, wenn die Regeln des redlichen Verkehrs eine Warnung oder Aufklärung des Verhandlungspartners erfordert hätten (RS0016401).
[9] 3. Die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage, ob die Missachtung einer in den Vertragsverhandlungen gesetzten Frist eine culpa in contrahendo begründen kann, stellt sich im vorliegenden Fall aber gar nicht, weil die Beklagte die Vertragsverhandlungen nicht abgebrochen, sondern dem Kläger ein neues Angebot unterbreitet hat.
[10] Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.
[11] 4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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