OGH 1Ob236/21v

OGH1Ob236/21v25.1.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Familienrechtssache des Antragstellers mj L* W*, geboren * 2014, *, vertreten durch das Land Wien als Kinder‑ und Jugendhilfeträger (Magistrat der Stadt Wien, Amt für Jugend und Familie, Rechtsvertretung Bezirke 3, 11, Wien 3, Karl-Borromäus-Platz 3), und dessen Mutter Mag. P* W*, gegen den Antragsgegner Mag. E* T*, vertreten durch Mag. Dr. Anton‑Alexander Havlik, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Abstammung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Oktober 2021, GZ 43 R 415/21d‑209, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 30. Juli 2021, GZ 3 Fam 11/19t‑202, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00236.21V.0125.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung:
Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Die behauptete Aktenwidrigkeit wurde geprüft; sie liegt nicht vor, was gemäß § 71 Abs 3 AußStrG keiner Begründung bedarf.

[2] 2. Ein behaupteter, aber vom Rekursgericht verneinter Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens kann grundsätzlich keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS‑Justiz RS0030748; RS0043919; RS0050037 [T2]). Das Rekursgericht hat die Mängelrüge des Antragsgegners geprüft und mit in sich schlüssiger Begründung verworfen.

[3] Auch in einem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verfahren kann im Unterbleiben der Beweisaufnahme eine Verletzung des pflichtgemäßen Ermessens zur amtswegigen Wahrheitserforschung nicht erblickt werden, wenn der Beweisführer – der Antragsgegner verweigertedie DNA‑Probe – die Aufnahme eines von ihm beantragten Beweises (DNA‑Gutachten) durch sein Verhalten vereitelt. Der Untersuchungsgrundsatz findet nämlich dort seine Grenzen, wo eine weitere Beweisaufnahme nicht möglich ist oder deren Durchführung zu einer nicht absehbaren Prozessverschleppung führen würde (RS0043158). Der Vorwurf eines Verfahrensfehlers, der darin liege, dass das Gericht die vom Antragsgegner verweigerte DNA‑Probe nicht zwangsweise abnehmen ließ, ist nicht weiter zu kommentieren.

[4] 3. Die Frage, ob zur Gewinnung der erforderlichen Tatsachenfeststellungen noch weitere Beweisaufnahmen, insbesondere ergänzende Sachverständigengutachten, erforderlich gewesen wären, gehört zum Bereich der irrevisiblen Beweiswürdigung (RS0043414 [T6, T15, T17, T18]). Der Oberste Gerichtshof ist auch im Außerstreitverfahren keine Tatsacheninstanz (RS0007236 [T2, T3, T6]).

[5] 4. Das Kind hat primär den Antrag auf Feststellung der Vaterschaft nach § 148 Abs 1 ABGB gestellt (Feststellung durch positiven Vaterschaftsbeweis). Dieser Beweis ist ihm gelungen, wurde doch festgestellt, dass er der biologische Sohn des Antragsgegners ist. Die Darlegungen des Antragsgegners zur Zeugungsvermutung nach § 148 Abs 2 ABGB sind für die rechtliche Beurteilung daher nicht relevant.

[6] 5. Wird durch eine Entscheidung die Abstammung festgestellt, so hat sie tunlichst – sofern dem Gericht bekannt (so ErläutRV, abgedruckt bei Fucik/Kloiber, AußStrG [2005] 296; Pierer in Schneider/Verweijen, AußStrG [2019] § 83 Rz 35) – die Angaben des § 81 Abs 2 Z 2 und 3 AußStrG zu enthalten (§ 83 Abs 5 AußStrG). Insoweit der erstinstanzliche Beschluss diese Formvorschrift nicht erfüllt, kann die offenkundige Auslassung jederzeit nach § 41 AußStrG iVm §§ 430, 419 Abs 1 ZPO berichtigt werden.

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