OGH 1Ob193/21w

OGH1Ob193/21w16.11.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des M* R*, vertreten durch Dr. Erich Gemeiner, Rechtsanwalt in Wien, wegen Genehmigung der Unterfertigung einer Pfandbestellungsurkunde, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der betroffenen Person gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Juli 2021, GZ 45 R 325/21h‑381, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 28. Mai 2021, GZ 54 P 35/20p‑371, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00193.21W.1116.001

 

Spruch:

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht bewilligte die Unterfertigung einer Pfandbestellungsurkunde zwischen dem Betroffenen, vertreten durch seinen einstweiligen Erwachsenenvertreter, und einem Bundesland, mit der zugunsten des Landes ein Höchstbetragspfandrecht von 15.000 EUR auf den Miteigentumsanteilen des Betroffenen an einer bestimmten Liegenschaft eingeräumt werden soll.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Betroffenen nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig sei.

[3] Gegen diesen Beschluss richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Betroffenen, den das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof unmittelbar vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Diese Aktenvorlage ist verfehlt.

[5] 1. Gemäß § 62 Abs 3 und 4 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, soweit der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist. Unter diesen Voraussetzungen kann eine Partei gemäß § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen (Zulassungsvorstellung), den Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Die Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.

[6] 2. Ob ein Anspruch vermögensrechtlicher Natur ist, ergibt sich aus seinem materiell‑rechtlichen Inhalt (RIS‑Justiz RS0007110 [T15]). Entscheidend für die Qualifikation als Gegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist stets der im betreffenden Verfahren zu beurteilende Hauptgegenstand, wogegen es nicht darauf ankommt, ob im Zusammenhang damit auch (verfahrensrechtliche) Nebenentscheidungen zu treffen sind, etwa eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung (9 Ob 17/20w mwN; vgl RS0109788).

[7] 3. Verfahrensgegenstand ist die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterfertigung einer Pfandbestellungsurkunde über den Höchstbetrag von 15.000 EUR. Dabei handelt es sich somit um einen Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur.

[8] Der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts übersteigt nicht 30.000 EUR. Nach § 59 Abs 3 AußStrG ist für die hier vorzunehmende Bestimmung des Werts des Entscheidungsgegenstands gemäß § 57 JN bei Streitigkeiten, welche nur die Sicherstellung einer Forderung oder ein Pfandrecht zum Gegenstand haben, der Betrag der Forderung, oder wenn der Pfandgegenstand einen geringeren Wert hat, dessen Wert für die Bewertung des Streitgegenstands maßgebend. Streitigkeiten, die ein Pfandrecht zum Gegenstand haben, sind auch jene – wie hier – auf Einräumung eines Pfandrechts (Mayr in Rechberger/Klicka 5 § 57 JN Rz 2; vgl Gitschthaler in Fasching/Konecny 3 § 57 JN Rz 5). Welchen Wert der Pfandgegenstand hat, ist bei dieser Sachlage ohne Relevanz, weil gemäß § 57 JN dieser Wert (nur) dann maßgebend ist, wenn er geringer als die Forderung (hier: 15.000 EUR) ist (17 Ob 17/19b mwN). Da somit der Wert des Entscheidungsgegenstands jedenfalls 30.000 EUR nicht übersteigt, erübrigt sich die Nachholung eines Bewertungsausspruchs nach § 59 Abs 2 AußStrG durch das Rekursgericht.

[9] 4. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat das Erstgericht dieses Rechtsmittel – auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem Rekursgericht vorzulegen, weil solche Rechtsmittel in der Regel als Anträge im Sinn des § 63 AußStrG zu werten sind (RS0109623 [T10, T13]). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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