European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010OB00205.21K.1116.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
[1] Mit seinem Beschluss vom 20. 4. 2021, GZ 5 Nc 7/21d‑2, bestimmte das Oberlandesgericht Graz das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als zuständig, über die Eingabe der Antragsteller zu AZ 8 Nc 8/21k des Landesgerichts Leoben ein Verbesserungsverfahren einzuleiten, darüber zu entscheiden und ein sich daran allenfalls anschließendes Amtshaftungsverfahren durchzuführen. Aufgrund der Delegierung ist die Eingabe der Antragsteller zu AZ 61 Nc 1/21f des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz anhängig, das die Zustellung des Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz veranlasste. Der Beschluss wurde den Antragstellern durch Hinterlegung zugestellt. Beginn der Abholfrist war der 1. 7. 2021.
[2] Dagegen wendete sich der Zweitantragsteller mit seiner am 8. 10. 2021 zur Post gegebenen Eingabe, in der er sinngemäß erklärte, den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz zurückzuweisen, weil das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz die beantragte Klage verhindere.
[3] Das Oberlandesgericht Graz wertete diese Erklärung als Rekurs gegen seine Entscheidung zu GZ 5 Nc 7/21d‑2 und wies diesen mit Beschluss vom 20. 10. 2021, GZ 5 Nc 7/21d‑5, wegen Verspätung zurück.
[4] Mit seiner zu AZ 5 Nc 7/21d an das Oberlandesgericht Graz gerichteten Eingabe vom 27. 10. 2021 nahm der Zweitantragsteller ausdrücklich auf diesen Zurückweisungsbeschluss Bezug und erklärte dagegen Rekurs zu erheben.
Rechtliche Beurteilung
[5] Das Rechtsmittel ist nicht berechtigt.
[6] 1.1 Der Rechtsmittelausschluss des § 528 Abs 1 Z 4 ZPO („über die Verfahrenshilfe“) kommt in dem hier zu beurteilenden Fall nicht zum Tragen, weil Gegenstand des der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Verfahrens nicht die Bewilligung oder Versagung der Verfahrenshilfe ist, sondern die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Verfahrenshilfe (und allenfalls auch im weiteren Amtshaftungsverfahren); die angefochtene Zurückweisung des Rekurses des Zweitantragstellers gegen die Delegierungsentscheidung erfolgte somit nur aus Anlass eines Verfahrenshilfeantrags (vgl RIS‑Justiz RS0111570).
[7] 1.2 Einer anwaltlichen Fertigung bedurfte das Rechtsmittel zufolge § 72 Abs 3 erster Satz ZPO nicht. Um „zumindest praktische, wenn nicht gar logische Friktionen auszuschließen“, ist in Verfahrenshilfefragen keinerlei Anwaltspflicht vorgesehen (Fucik in Rechberger 5 § 72 ZPO Rz 3). Auch die nach § 9 Abs 4 AHG zu lösende Frage, welches Gericht zur Bewilligung oder Versagung der Verfahrenshilfe und zu einem allfälligen weiteren Verfahren zu delegieren ist, und ein damit im Zusammenhang stehendes Rechtsmittelverfahren zählen zu den von der Anwaltspflicht befreiten „Verfahrenshilfefragen“ (1 Ob 19/16z mwN).
[8] 2. Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Delegierungsfragen ergehen in Wahrnehmung einer erstgerichtlichen Funktion und sind damit ungeachtet des Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO mit Rekurs bekämpfbar. Gemäß § 521 Abs 1 ZPO beträgt die Frist für Rekurse gegen Beschlüsse 14 Tage. Ausgehend von der Zustellung des Beschlusses zu 5 Nc 7/21d‑2 des Oberlandesgerichts Graz durch Hinterlegung (§ 17 ZustellG) wurde die 14‑tägige Rekursfrist mit dem Beginn der Abholfrist am 1. 7. 2021 in Gang gesetzt. Auch unter Berücksichtigung der Fristenhemmung nach § 222 Abs 1 ZPO war die Frist zum Zeitpunkt der Postaufgabe des Rechtsmittels am 8. 10. 2021 bereits abgelaufen, sodass dessen Zurückweisung wegen Verspätung durch das Oberlandesgericht Graz zu Recht erfolgte. Der vom Zweitantragsteller dagegen erhobene Rekurs ist damit nicht berechtigt.
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