OGH 15Os90/21f

OGH15Os90/21f15.9.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Lampret als Schriftführer in der Strafsache gegen J***** A***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten N***** K***** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten A***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 31. März 2021, GZ 110 Hv 29/20h‑179, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00090.21F.0915.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde von Bedeutung – N***** K***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (1./b./), des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Fall, Abs 2 SMG (2./b./) sowie des Vergehens nach § 50 Abs 1 Z 1 WaffG (4./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er in G***** und an anderen Orten

1./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, wobei sein Vorsatz auf eine Tatbildverwirklichung in Teilmengen gerichtet war und auch die kontinuierliche Tatbegehung über einen längeren Deliktszeitraum und den daran geknüpften Additionseffekt sowie die Überschreitung der Grenzmenge mitumfasste, und zwar

b./ indem er von einem unbekannten Zeitpunkt im Jahr 2017 bis zu seiner Festnahme am 6. Dezember 2019 insgesamt mindestens 231 kg Cannabiskraut (26.796 g Delta‑9‑THC, 1.339 Grenzmengen) sowie 800 g Kokain (240 g Kokain‑Base, 16 Grenzmengen) an verschiedene, teils nicht ausgemittelte Abnehmer gewinnbringend veräußerte;

2./ am 6. Dezember 2020 [richtig: 2019] in G***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfzehnfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und zwar

b./ indem er insgesamt rund 73.800 g Cannabiskraut (8.560 g Delta‑9‑THC, 428 Grenzmengen) im Ford Transit mit dem Kennzeichen ***** zum Zwecke des gewinnbringenden Verkaufs lagerte;

4./ wenn auch nur fahrlässig, eine Schusswaffe der Kategorie B, nämlich eine Pistole der Marke Walther, Modell 4, besessen, indem er sie bis zur Sicherstellung im genannten PKW lagerte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Die dagegen vom Angeklagten K***** aus § 281 Abs 1 Z 5, Z 5a und Z 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

[4] Zu Punkt 2./b./ des Schuldspruchs behauptet die Mängelrüge Aktenwidrigkeit (Z 5 letzter Fall), weil das Erstgericht als Tatzeit den 6. Dezember 2020 festgestellt (US 13), der Angeklagte sich zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits im gegenständlichen Verfahren in Untersuchungshaft befunden habe.

[5] Damit verkennt sie, dass aktenwidrig niemals eine Konstatierung, sondern nur die Wiedergabe von Verfahrensergebnissen sein kann (RIS‑Justiz RS0099547 [T6]). Im Übrigen unterliegt dem Erstgericht bei der Urteilsausfertigung hinsichtlich des genannten Datums ein offensichtlicher Schreibfehler. Es ergibt sich nämlich aus den Gründen des Urteils eindeutig, von welcher Tatzeit das Erstgericht wirklich ausgegangen ist, nämlich vom 6. Dezember 2019 (vgl US 10 f; RIS‑Justiz RS0107358).

[6] Zu Punkt 1./b./ des Schuldspruchs rügt der Angeklagte eine offenbar unzureichende Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur Gesamtmenge des von ihm veräußerten Cannabiskrauts und bringt vor, lediglich eine Menge von 60 kg finde „in den Feststellungen tatsächlich Deckung“.

[7] Weil aber damit angesichts des festgestellten Reinheitsgehalts an Delta‑9‑THC die Subsumtion unter die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG gar nicht in Frage steht, wird kein entscheidender Umstand angesprochen (RIS‑Justiz RS0119552).

[8] Die Tatsachenrüge (Z 5a) verweist zu 2./b./ des Schuldspruchs neuerlich darauf, dass sich der Angeklagte seit 6. Dezember 2019 ununterbrochen in Haft befunden habe, ihm jedoch das Lagern von Cannabiskraut am 6. Dezember 2020 zur Last gelegt werde. Mit Blick auf diesen offensichtlichen Schreibfehler im angefochtenen Urteil werden beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken im Sinn des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes geweckt.

[9] Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht nicht – wie aber geboten (RIS‑Justiz RS0099810) – von den im angefochtenen Urteil getroffenen Feststellungen aus, indem sie betreffend Punkt 1./b./ des Schuldspruchs ausführt, die Tatrichter hätten einen geringeren Reinheitsgehalt von 4 % Delta‑9‑THC feststellen müssen. Im Übrigen änderte auch die Annahme einer geringeren Wirkstoffkonzentration von 4 % nichts an der Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO.

[11] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO).

[12] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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