OGH 12Ns68/21b

OGH12Ns68/21b19.8.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. August 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Oshidari und Dr. Haslwanter LL.M. als weitere Richter in der Disziplinarsache gegen *****, AZ D 18/04 des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Burgenland, über die Anzeige der Ausgeschlossenheit des Anwaltsrichters Dr. S***** gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0120NS00068.21B.0819.000

 

Spruch:

Anwaltsrichter Dr. S***** ist von der Entscheidung über die Berufung des Disziplinarbeschuldigten ***** gegen das Erkenntnis des Disziplinarrats der Rechtsanwaltskammer Burgenland vom 27. Jänner 2020, AZ D 18/04‑51, ausgeschlossen.

An seine Stelle tritt Anwaltsrichterin Dr. H*****.

 

Gründe:

[1] Der Oberste Gerichtshof hat zu AZ 29 Ds 1/20y über das im Spruch genannte Rechtsmittel zu entscheiden.

[2] Anwaltsrichter Dr. S***** ist Mitglied des zuständigen Senats. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Disziplinarbeschuldigte der Disziplinarvergehen der Verletzung von Berufspflichten und der Beeinträchtigung von Ehre oder Ansehen des Standes nach § 1 Abs 1 erster und zweiter Fall DSt schuldig erkannt. Danach hat er am 22. Dezember 2017 im Rahmen einer Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Burgenland, AZ RA 14/17, gegen in dieser Beschwerde namentlich genannte Ausschussmitglieder der Rechtsanwaltskammer Burgenland im Erkenntnis näher dargestellte Vorwürfe erhoben, die den Tatbestand des Amtsmissbrauchs implizieren, ohne konkrete Gründe für eine Befangenheit des Ausschusses oder seiner Mitglieder darzulegen.

[3] Am 6. Juli 2021 zeigte Anwaltsrichter Dr. S***** seine Befangenheit mit der Begründung an, dass er im Insolvenzverfahren der H*****, AZ 26 S 74/18m des Landesgerichts *****, zum Insolvenzverwalter bestellt sei. Aufgrund seines Agierens im Insolvenzverfahren sei ihm die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen durch eine von der D***** vertretenen Gesellschaft in Aussicht gestellt worden.

[4] Der Disziplinarbeschuldigte ist selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und Gesellschafter der D***** . Sie vertritt den Disziplinarbeschuldigten im hier gegenständlichen Verfahren.

Rechtliche Beurteilung

[5] Gemäß § 64 DSt iVm § 43 Abs 1 Z 3 StPO ist ein Richter vom gesamten Verfahren ausgeschlossen, wenn andere Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Die Bestimmungen über die Ausschließung stellen auf den äußeren Anschein ab. Entscheidend ist daher auch unter dem Aspekt des § 43 Abs 1 Z 3 StPO nicht die subjektive Ansicht des betroffenen Richters oder des Ablehnenden, sondern die Frage, ob die äußeren Umstände geeignet sind, bei einem verständig würdigenden objektiven Beurteiler naheliegende Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung zu wecken (vgl RIS‑Justiz RS0097086 [T5]; Lässig, WK‑StPO § 43 Rz 10 f mwN).

[6] Dies ist angesichts der dargelegten Konstellation, die mit der Tätigkeit des Anwaltsrichters Dr. S***** und der D***** in einem aktuell anhängigen Insolvenzverfahren im Zusammenhang steht, zu bejahen.

[7] Anstelle des Ausgeschlossenen tritt aufgrund der laufenden Vertretungsregelung des Obersten Gerichtshofs die im Tenor genannte Anwaltsrichterin (§ 77 Abs 3 DSt iVm § 45 Abs 2 StPO).

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