OGH 1Nc29/21m

OGH1Nc29/21m26.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der zu AZ 29 Cg 47/21m des Landesgerichts Klagenfurt anhängigen Rechtssache der klagenden Partei D***** M*****, vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 21.502,07 EUR sA, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0010NC00029.21M.0726.000

 

Spruch:

1. Der Delegierungsantrag wird zurück‑ bzw abgewiesen.

2. Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Der Kläger macht mit seiner beim Landesgericht Klagenfurt eingebrachten Mahnklage Amtshaftungsansprüche gegen den Bund geltend. Diese leitet er aus zwei Entscheidungen des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht ab. Ohne nähere Ausführungen stellt er in der Klage den Antrag auf „Delegierung an ein außerhalb des OLG‑Sprengels Graz liegendes Landesgericht“, wobei das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien vorgeschlagen werde.

[2] Das Oberlandesgericht Graz, dem das Landesgericht Klagenfurt den Akt zur Entscheidung im Sinn des § 9 Abs 4 AHG vorgelegt hatte, stellte den Akt dem Erstgericht zurück, weil die (vorher zu treffende) Entscheidung über den Delegierungsantrag nicht in seine Kompetenz falle.

[3] Das Landesgericht Klagenfurt legte daraufhin den Akt dem Obersten Gerichtshof „zur Entscheidung im Sinn des § 9 Abs 4 AHG“ vor.

Rechtliche Beurteilung

[4] 1.1. Sollte der Kläger seinen Delegierungsantrag auf § 9 Abs 4 AHG stützen wollen, ist er darauf hinzuweisen, dass nach der Judikatur die Fälle dieser Bestimmung solche notwendiger und der Parteiendisposition entzogener Delegierung sind (vgl nur die Nachweise bei Schragel , AHG 3 Rz 255). Ein Antragsrecht kommt der Partei insoweit nicht zu (RIS‑Justiz RS0056449 [T27]). Der förmliche Delegierungsantrag des Klägers ist insoweit als unzulässig zurückzuweisen (RS0056449 [T33]).

[5] 1.2. Eine Delegierung über Antrag einer Partei setzt gemäß § 31 Abs 1 JN das Vorliegen von „Gründen der Zweckmäßigkeit“ voraus, worunter allgemein eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszugangs oder der Amtstätigkeit verstanden wird (RS0046333 [T6]). Derartige Umstände behauptet der Kläger gar nicht. Sollte der Delegierungstatbestand daher auf diese Bestimmung gestützt werden, ist er mangels Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen für eine solche Maßnahme abzuweisen.

[6] 2. Es liegen auch die Voraussetzungen für eine amtswegige Delegierung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor:

[7] Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung unter anderem dann zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus der Entscheidung eines Landes‑ oder aus dem kollegialen Beschluss eines Oberlandesgerichts abgeleitet wird, das im Instanzenzug zuständig wäre. Der Delegierungstatbestand des § 9 Abs 4 AHG liegt daher nur vor, wenn Richter eines Gerichtshofs über Amtshaftungsansprüche zu erkennen hätten, die ein Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds desselben Gerichtshofs oder auch des im Instanzenzug übergeordneten Gerichtshofs zum Gegenstand haben (RS0056449 [T32]). Für eine Delegierung von Amts wegen liegt die Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs nicht vor, weil im vorliegenden Fall der Ersatzanspruch weder aus einer Entscheidung noch aus dem Verhalten auch nur irgendeines Mitglieds des Oberlandesgerichts Graz abgeleitet wird.

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