OGH 13Os66/21m

OGH13Os66/21m14.7.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. Juli 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz-Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Mag. Pentz in der Strafsache gegen Petronela-Mariana T***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Geschworenengericht vom 21. Jänner 2021, GZ 30 Hv 77/20d ‑ 193, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00066.21M.0714.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Der Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Petronela‑Mariana T***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat sie am 3. März 2019 in F***** Erich T***** vorsätzlich getötet, indem sie ihm mit einem Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 12 cm einen Stich in den linken Brustbereich versetzte, wodurch der Genannte verblutete.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 345 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten.

[4] Entgegen der Verfahrensrüge wurden durch die Abweisung (ON 189 S 42) des Antrags auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachbereich der Biomechanik und eines weiteren Gutachtens aus dem Fachbereich der Gerichtsmedizin zum Beweis dafür, dass die vom Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. Fabio M***** ausgeschlossene Selbsttötungsvariante sehr wohl plausibel und dessen Gutachten unklar und in sich widersprüchlich sei (ON 189 S 35 f), keine Verteidigungsrechte verletzt.

[5] Auf mangelnde Sachkunde eines Sachverständigen gegründete Einwendungen sind nach Erstattung von Befund und Gutachten nicht mehr zulässig (RIS-Justiz RS0115712 [T10] und RS0126626 [T1]; Hinterhofer , WK-StPO § 126 Rz 83, 108, 120 und 174 f). Liegt ein dem Angeklagten nachteiliges Gutachten bereits vor, werden Mängel an der Sachkunde unter dem Aspekt subjektiver Rechte speziell von § 127 Abs 3 StPO erfasst. Die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen kommt daher insoweit nur dann in Betracht, wenn sich dort beschriebene Mängel von Befund oder Gutachten durch Befragung des bereits bestellten Experten nicht beseitigen lassen (vgl RIS‑Justiz RS0117263, RS0120023 [T1]; Danek/Mann , WK‑StPO § 221 Rz 23/3; Hinterhofer , WK‑StPO § 126 Rz 163 und § 127 Rz 31; Ratz , WK-StPO § 281 Rz 373).

[6] Im Rahmen der Gutachtenserörterung hatte die Angeklagte die – von ihrem Verteidiger und einer von ihr beigezogenen Person mit besonderem Fachwissen (§ 249 Abs 3 StPO) ausführlich genutzte – Gelegenheit, den Sachverständigen zu befragen (ON 188 S 58 bis 71). Dabei stellte der Experte unter Hinweis auf den Stichkanal und den Größenunterschied zwischen der Angeklagten und dem Opfer klar, aus welchen Gründen er welche Tatsachen als erwiesen annahm. Auf ein diese Klarstellung mitberücksichtigendes Antragsvorbringen, das Gutachten sei (dennoch und weiterhin) mangelhaft, ein Verbesserungsverfahren im Sinn des § 127 Abs 3 StPO somit erfolglos geblieben (zum Erfordernis erneut RIS-Justiz RS0117263 [insbesondere T7], RS0120023 [insbesondere T1]), beruft sich die Beschwerde (aktenkonform) nicht.

[7] Der Antrag begehrte vielmehr der Sache nach bloß eine Überprüfung der Beurteilung des beigezogenen Experten (in der nicht indizierten Erwartung eines für die Antragstellung günstigeren Ergebnisses) und zielte damit auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung (RIS-Justiz RS0117263 [T17]).

[8] Mit Kritik an der Begründung der abweislichen Zwischenerkenntnisse entfernt sich die Rüge vom Prüfungsmaßstab des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0116749 und RS0121628 [T1]).

[9] Gleiches gilt für die Bezugnahme auf Fragen eines Geschworenen an den Sachverständigen.

[10] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§§ 344, 285d Abs 1 StPO).

[11] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 344, 285i StPO).

[12] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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