OGH 3Ob88/21v

OGH3Ob88/21v24.6.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Minderjährigen 1. A*****, geboren am ***** 2005, 2. S*****, geboren am ***** 2006, 3. E*****, geboren am ***** 2009, 4. T*****, geboren am ***** 2010, alle wohnhaft bei der und vertreten durch die Mutter J*****, diese vertreten durch Jaeger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in Linz, Vater D*****, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterhalt, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 23. März 2021, GZ 15 R 54/21y‑24, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 4. Dezember 2020, GZ 6 Pu 238/18k‑16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0030OB00088.21V.0624.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht verpflichtete den Vater zur Unterhaltsleistung an seine vier Kinder für die Zeit ab 1. August 2020, insbesondere ab 1. Dezember 2020 in Höhe von 333 EUR monatlich an A***** und jeweils in Höhe von 292 EUR monatlich an die übrigen drei Kinder; ein Mehrbegehren wies es unbekämpft ab.

[2] Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

[3] Gegen diese Entscheidung richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs des Vaters, den das Erstgericht direkt dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[4] Diese Vorlage widerspricht der Rechtslage.

[5] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei nach § 63 Abs 1 und Abs 2 AußStrG einen Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde (Zulassungsvorstellung).

[6] 2. Im Unterhaltsbemessungsverfahren hat das Rekursgericht keine Bewertung des Entscheidungsgegenstands gemäß § 59 Abs 2 AußStrG vorzunehmen, weil der Streitgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist und ausschließlich in einem Geldbetrag besteht. Maßgeblich ist grundsätzlich allein der 36‑fache Betrag jenes monatlichen Unterhaltsbeitrags, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war. Dabei ist regelmäßig auf den laufenden Unterhalt abzustellen, während außerdem begehrte bereits fällige Ansprüche nicht zusätzlich zur dreifachen Jahresleistung zu bewerten sind. Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben (vgl RS0122735 [T8]).

[7] 3. Im Unterhaltsverfahren ist der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursgerichts für jedes Kind einzeln zu beurteilen (RS0112656). Die Unterhaltsansprüche mehrerer Kinder beruhen nämlich nicht auf demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund, sondern stellen nur gleichartige, auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche dar; eine Zusammenrechnung findet daher nicht statt (RS0112656 [T2]).

[8] 4. Ausgehend davon beträgt der Wert des Entscheidungsgegenstands bezüglich des in zweiter Instanz noch strittigen Unterhalts für A***** 11.988 EUR (36 x 333 EUR) und für die weiteren drei Kinder jeweils 10.512 EUR (36 x 292 EUR), übersteigt also hinsichtlich keines der Kinder 30.000 EUR.

[9] 5. Wird gegen eine Entscheidung, die nur mit Zulassungsvorstellung angefochten werden kann, ein ordentlicher oder ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so hat das Erstgericht dieses Rechtsmittel – auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist – dem Rekursgericht vorzulegen, weil derartige Rechtsmittel als Anträge iSd § 63 AußStrG zu werten sind (vgl RS0109623 [T13]). Ob der dem Rekursgericht vorzulegende Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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