European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00051.21P.0601.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** A***** – soweit hier relevant – zweier Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF BGBl I 2013/116 (A./I./ und A./III./) sowie jeweils eines Verbrechens des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 206 Abs 1 StGB (B./II./) und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§ 15, 207 Abs 1 StGB (C./II./) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in G*****
A./ nachstehende Personen mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, und zwar
I./ Ende Juni 2019 ***** W*****, indem er sie gegen ihren konkludent erklärten Willen mit einer Hand am Unterkiefer erfasste, ihren Mund zu seinem führte, sie küsste, mit einer Hand unter ihre Reit- und Unterhose fuhr und sie fortgesetzt mit zwei Fingern vaginal penetrierte, während er sie mit der anderen Hand an der Taille festhielt;
III./ im Sommer 2014 ***** P*****, indem er sie seitlich zu sich zog, sie zu küssen versuchte, sie mit einer Hand an ihrer Taille festhielt und mit der anderen Hand von oben unter ihre Reit‑ und Unterhose fuhr und sie fortgesetzt mit dem Finger vaginal penetrierte;
B./II./ mit einer unmündigen Person eine dem Beischlaf gleichzusetzende geschlechtliche Handlung dadurch zu unternehmen versucht, dass er am 13. Juli 2019 mit Penetrationsvorsatz seine Hand unter die Unterhose der am ***** geborenen ***** R***** zu schieben versuchte;
C./II./ außer dem Fall des § 206 StGB eine geschlechtliche Handlung an einer unmündigen Person dadurch vorzunehmen versucht, dass er im Winter 2018/2019 mit dem Vorsatz, den Vaginalbereich des Opfers zu berühren (US 12), seine Hand über den Oberschenkel der R***** in Richtung ihres Hosenbundes führte und diesen wiederholt vor‑ und zurückzog.
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
Rechtliche Beurteilung
[4] Zum Schuldspruch A./I./
[5] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen zur fehlenden Einwilligung des Opfers vermisst, nimmt sie nicht am festgestellten Sachverhalt Maß (vgl aber RIS‑Justiz RS0099810), wonach die vom Angeklagten eingesetzte Gewalt dazu bestimmt war, den entgegengesetzten Willen der W***** zu beugen (US 27; zur darauf gerichteten Absicht des Angeklagten siehe US 9).
[6] Zum Schuldspruch A./III./
[7] Mit der Behauptung, das fehlende Einverständnis der P***** ginge ebenfalls nicht aus den Feststellungen hervor, orientiert sich die Rechtsrüge (Z 9 lit a) abermals nicht an den Urteilskonstatierungen. Danach hielt der Angeklagte die 15-jährige, körperlich unterlegene (US 27) P*****, nachdem er vergeblich versucht hatte, sie zu küssen, an der Taille mit der Absicht fest, sie dadurch zur Duldung der vaginalen Digitalpenetration zu zwingen (US 10 f). Auch hier diente die vom Angeklagten eingesetzte Gewalt dazu, den entgegengesetzten Willen des Opfers zu beugen (vgl erneut US 27).
[8] Zum Schuldspruch B./II./
[9] Der Kritik fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider leitete das Erstgericht die Feststellung, wonach der Vorsatz des Angeklagten darauf gerichtet war, das Opfer vaginal zu penetrieren (US 12), aus dem äußeren Tatgeschehen und der Vielzahl an sexuellen Übergriffen ab (US 25 f). Die darauf nicht Bezug nehmende Beschwerde verfehlt somit die Ausrichtung am Verfahrensrecht (RIS‑Justiz RS0119370; vgl im Übrigen zur Begründung der subjektiven Tatseite mit dem äußeren Tatgeschehen RIS‑Justiz RS0116882).
[10] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) Feststellungen zum Penetrationsvorsatz als fehlend moniert, lässt sie die gerade dazu getroffenen Konstatierungen außer Acht (US 12) und verfehlt damit neuerlich den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit.
[11] Die schlichte Behauptung, die vom Schuldspruch B./II./ erfasste Tat sei „maximal § 207 StGB“ zu unterstellen, bringt den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund (Z 10) nicht deutlich und bestimmt zur Darstellung (vgl RIS‑Justiz RS0118415 [T4, T5]).
[12] Zum Schuldspruch C./II./
[13] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a [nominell auch Z 5 vierter Fall]) leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl aber RIS‑Justiz RS0116565), weshalb die Annahme einer ausführungsnahen Handlung (§ 15 Abs 2 StGB) Feststellungen dazu erfordert, wo genau der Angeklagte, dessen Vorsatz auf die Vornahme einer geschlechtlichen Handlung gerichtet war (US 12), das Opfer am Oberschenkel berührte (vgl RIS‑Justiz RS0094980 [T1, T13]).
[14] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).
[15] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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