European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0140OS00032.21V.0427.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde ***** S***** des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (A) sowie der Verbrechen der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 3 dritter Fall StGB (B/1 und B/3 [dort iVm § 15 StGB]) und nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 erster Fall und Z 3 dritter Fall StGB (B/2) und der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (C) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in W*****
A/ gegen ***** B***** längere Zeit hindurch fortgesetzt Gewalt dadurch ausgeübt, dass er sie von Mai bis 24. November 2020 wiederholt mit zumindest einer Verletzung am Körper gefährlich bedrohte, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, indem er ihr mehrmals wöchentlich mitteilte, er werde sie umbringen „bzw wie einen Hasen schlachten“, sowie sie im November 2020 in drei – im angefochtenen Urteil näher beschriebenen Fällen – durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper oder (in einem Fall) durch Gewalt zu Handlungen nötigte oder in einem Fall zu nötigen versuchte, somit vorsätzliche mit Strafe bedrohte Handlungen gegen die Freiheit (§§ 107 Abs 1, 105 Abs 1 StGB, § 15 StGB) beging;
B/ B***** genötigt oder zu nötigen versucht, und zwar
1/ von Mai bis 23. November 2020 wiederholt, indem er ihr mitteilte, er werde sie umbringen, wenn sie sich scheiden lasse, mithin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, jeweils zur Abstandnahme von der Scheidung, somit zu Unterlassungen veranlasst, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzten;
2/ am 20. November 2020, indem er mit einer Winkelschleifmaschine die Holzleiter ihres Stockbettes zerschnitt und ihr mitteilte, mit ihr (Teilen ihres Körpers) werde genau das Gleiche passieren, wenn sie zur Polizei gehe oder sich scheiden lasse, mithin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei und von der Scheidung, somit zu einer Unterlassung veranlasst, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzte;
3/ am 24. November 2020 durch die telefonische Äußerung, er werde sie umbringen, wenn sie sich scheiden lasse oder zur Polizei gehe, mithin durch gefährliche Drohung mit zumindest einer Verletzung am Körper, zur Abstandnahme von der Verständigung der Polizei und von der Scheidung, somit zu einer Unterlassung zu veranlassen versucht, die besonders wichtige Interessen der genötigten Person verletzt hätte, wobei das Opfer dennoch die Polizei verständigte und eine Scheidungsklage einreichte;
C/ im November 2020 B***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie packte, auf das Bett warf, sich auf sie legte, ihre Arme niederdrückte und gegen ihren Willen mit seinem Penis vaginal in sie eindrang und den Geschlechtsverkehr vollzog.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und „9“ StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten ist nicht im Recht.
[4] Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung des Antrags auf Vernehmung von zehn (namentlich genannten) Zeugen Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt. Denn das dazu angegebene Beweisthema, der Beschwerdeführer habe sich „sehr“ um das Opfer „bemüht“ und man könne dadurch „zumindest ein Gefühl dafür bekommen, wie die Ehe verlief“ (ON 30 S 79), betraf keine erhebliche Tatsache (RIS‑Justiz RS0116503). Auf die in der Nichtigkeitsbeschwerde zur Antragsfundierung nachgetragenen Argumente war wegen des Neuerungsverbots nicht einzugehen (RIS‑Justiz RS0099618).
[5] Entgegen der Mängelrüge sind die zu C getroffenen Feststellungen nicht unvollständig begründet (Z 5 zweiter Fall). Die tatrichterliche Annahme von der – in der Regel (und insbesondere hier bei der gegebenen Situation „Aussage gegen Aussage“) – erheblichen Tatsache der Glaubwürdigkeit des Opfers kann zwar unter dem Gesichtspunkt der Unvollständigkeit mangelhaft erscheinen. Dahingehende Kritik muss sich jedoch auf Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen beziehen (RIS‑Justiz RS0119422 [T4]), was die Rüge hier verabsäumt. Sie verweist nämlich bloß auf – im Urteil grundsätzlich ohnehin erörterte (US 9) – Diskrepanzen in den Angaben des Opfers betreffend die genaue Tatzeit (vgl RIS‑Justiz RS0098557) und den Grund für eine (der inkriminierten Tat vorangegangene [US 4]) Auseinandersetzung zwischen diesem und dem Beschwerdeführer.
[6] Die Rechtsrüge (nominell Z 9 lit c) vermisst Feststellungen „über das eheliche Zusammenleben“ des Beschwerdeführers und des Opfers, ohne darzulegen, weshalb dieses eine entscheidende Tatsache sei (vgl aber RIS‑Justiz RS0118580).
[7] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[8] Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
[9] Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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