European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0110NS00030.21G.0427.000
Spruch:
Das Hauptverfahren ist vor dem Bezirksgericht Rohrbach zu führen.
Gründe:
Rechtliche Beurteilung
[1] Im Verfahren AZ 18 U 344/18m des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien legte die Staatsanwaltschaft Jonathan H***** mit Strafantrag vom 17. Oktober 2018 (ON 26) zur Last, er habe von Juni 2011 bis Dezember 2017 (zur Ausdehnung des Tatzeitraums bis 18. März 2019 vgl ON 38 S 2) seine im Familienrecht begründete Unterhaltspflicht gegenüber Luca und Maximilian M***** gröblich verletzt und erachtete durch dieses Verhalten das Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB verwirklicht.
[2] Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien überwies die Sache mit der Begründung, es habe zu Beginn des Tatzeitraums „keine Wohnsitzmeldung zum Angeklagten“ bestanden, dem für den Wohnsitz der Kinder zuständigen Bezirksgericht Rohrbach (AB-Bogen S 9).
[3] Das Bezirksgericht Rohrbach überwies die Sache mit der Begründung, der Angeklagte habe den ersten bekannten Wohnsitz in Österreich im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Bezirksgerichts Donaustadt gehabt, diesem Bezirksgericht (AB-Bogen S 17).
[4] Das Bezirksgericht Donaustadt verfügte die Vorlage der Akten an den Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Kompetenzkonflikt zwischen den Bezirksgerichten Rohrbach und Donaustadt, weil sich kein im Sinn des § 36 Abs 3 StPO tatortbegründender Wohnsitz des Jonathan H***** in seinem Zuständigkeitsbereich befinde (§ 38 dritter Satz StPO).
[5] Für das Hauptverfahren ist nach § 36 Abs 3 erster Satz StPO primär das Gericht zuständig, in dessen Sprengel die Straftat ausgeführt wurde oder ausgeführt werden sollte. Beim Vergehen der Verletzung der Unterhaltspflicht nach § 198 Abs 1 StGB ist dies – im hier interessierenden Fall des Geldunterhalts – jener Ort, an dem der Unterhaltspflichtige die Unterhaltszahlungen leisten soll, in der Regel also dessen Wohnsitz. Liegt dieser Ort (während des gesamten Tatzeitraums) im Ausland, ist der Ort maßgebend, an dem der Erfolg eingetreten ist oder hätte eintreten sollen, vorliegend also der Wohnsitz der Unterhaltsberechtigten (14 Ns 67/17i uam; Oshidari, WK‑StPO § 36 Rz 6).
[6] Die Meldung nach dem MeldeG ist zwar ein Indiz für das Vorliegen eines Wohnsitzes, stellt als solche jedoch keinen Tatbestand für die Zuständigkeitsanknüpfung dar (zum Ganzen Nordmeyer, WK‑StPO § 25 Rz 2 und 4).
[7] Nach der Aktenlage hatte der Angeklagte (zu dem aktuell lediglich eine e-mail-Adresse bekannt ist – ON 51) im gesamten von der Anklage umfassten Zeitraum keinen Wohnsitz im Inland (insbesondere ON 50), weshalb zahlreichen anderslautenden Auskünften aus dem Zentralen Melderegister (zuletzt ON 49) keine Bedeutung zukommt.
[8] Die örtliche Zuständigkeit richtet sich daher vorliegend nach dem Wohnsitz der Unterhaltsberechtigten, der nach der Aktenlage (vgl die nicht einjournalisierten Auskünfte aus dem Zentralen Melderegister nach ON 30 und ON 51) im maßgeblichen Zeitraum im Sprengel des Bezirksgerichts Rohrbach lag.
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