European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0060OB00260.20H.0315.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Die Revisionsrekursausführungen entsprechen wörtlich denjenigen im Verfahren 6 Ob 30/21m bzw 6 Ob 259/20m. Beide Entscheidungen betreffen dieselben Gesellschaften; es schreiten auch dieselben Rechtsanwälte ein. Auf diese Entscheidungen kann daher verwiesen werden.
[2] 2.1. Lediglich im vorliegenden Verfahren wird zusätzlich auch Nichtigkeit geltend gemacht. Die Zwangsstrafe sei wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses 2017 zum 30. 6. 2018 erfolgt. Für diesen Zeitraum sei jedoch bereits rechtskräftig eine Strafe über die Gesellschaft verhängt worden, sodass einer neuerlichen Strafverhängung das Prozesshindernis der res iudicata entgegenstehe. Außerdem sei das Verfahren wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses 2017 zum 30. 6. 2018 gegen den Geschäftsführer d***** vom Erstgericht mit der Begründung eingestellt worden, dass er erst seit 19. 6. 2018 Geschäftsführer sei.
[3] 2.2. Die diesbezüglichen Ausführungen sind nicht berechtigt:
[4] Zwar trifft zu, dass das Erstgericht wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses 2017 zum 30. 6. 2018 bereits früher Zwangsstrafen verhängt hatte. Im vorliegenden Fall betrifft das Zwangsstrafenverfahren jedoch die Unterlassung der Vorlage dieses Jahresabschlusses zum 31. 8. 2018. Dies wurde in den in der Folge durch Einsprüche bekämpften Zwangsstrafenverfügungen richtig so festgehalten. Durch die Zwangsstrafenverfügung wurde aber das Zwangsstrafenverfahren „kanalisiert“. Damit wurde die Periode, die das Erstgericht zum Gegenstand eines Zwangsstrafenverfahrens machen wollte, festgelegt. Der Umstand, dass das Erstgericht in der Folge bei der Verhängung von Zwangsstrafen im ordentlichen Verfahren nach Erhebung von Einsprüchen gegen die Zwangsstrafenverfügungen von der Nichtvorlage des Jahresabschlusses zum „30. 6. 2018“ spricht, stellt ersichtlich einen bloßen Schreibfehler dar. Aus dem Gesamtzusammenhang der Begründung des Erstgerichts ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit, dass das Erstgericht die Zwangsstrafe für die Nichtvorlage des Jahresabschlusses zum 31. 8. 2018 verhängen wollte.
[5] 2.3. Dies ergibt sich nicht nur durch die Bezugnahme auf die Zwangsstrafenverfügung, die ausschließlich dieses Datum enthalten hatte, sondern auch aus der weiteren Begründung des Erstgerichts, die sich mit dem Einspruchsvorbringen auseinandersetzt, wonach dem Gericht durch den Fristerstreckungsantrag vom 12. 7. 2018 die Hinderungsgründe bekannt gewesen seien. Damit nimmt das Erstgericht auf einen nach dem 30. 6. 2018 liegenden Zeitpunkt Bezug.
[6] 2.4. Nicht zuletzt ergibt sich auch aus dem Vorbringen der Revisionsrekurswerber in ihren Rechtsmitteln gegen die Beschlüsse des Erstgerichts, dass diese die bekämpften Beschlüsse in diesem Sinn, also als Verhängung einer Zwangsstrafe für die Nichtvorlage des Jahresabschlusses 2017 zum Stichtag 31. 8. 2018 bezogen. Andernfalls wäre unerklärlich, warum die Revisionsrekurswerber lediglich Rechtsmittel erhoben, die wortgleich mit den gegen die übrigen Entscheidungen des Erstgerichts erhobenen Rechtsmittel waren, aber mit keinem Wort auf die Nichtigkeit wegen Verletzung des Grundsatzes der res iudicata und die Strafverhängung trotz zuvor erfolgter Einstellung des Zwangsstrafenverfahrens gegen einen Geschäftsführer hingewiesen hätten. Zwar können im Außerstreitverfahren mangels einer § 519 Abs 1 ZPO entsprechenden Vorschrift in einem Revisionsrekurs auch vom Rekursgericht verneinte schwere Verfahrensverstöße geltend gemacht werden (Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG2 § 66 Rz 5 mwN). Das Unterlassen diesbezüglicher Rechtsmittelausführungen durch die – durchgehend anwaltlich vertretenen – Revisionsrekurswerber ist jedoch ein Argument dafür, wie diese die erstinstanzlichen Beschlüsse verstanden haben.
[7] 2.5. Auch das Rekursgericht wies in seiner Entscheidung zutreffend daraufhin, dass das Verfahren den Stichtag 31. 8. 2018 betrifft.
[8] 2.6. Damit liegt aber weder eine Doppelbestrafung noch eine Strafverhängung trotz vorangegangener Einstellung des Zwangsstrafenverfahrens vor. Das Argument, der Geschäftsführer sei erst am 19. 6. 2018 bestellt worden, mag zwar sein Verschulden an der Nichtvorlage des Jahresabschlusses zum 30. 6. 2018 ausschließen oder zumindest in Frage stellen, nicht jedoch sein Verschulden an der Nichtvorlage des Jahresabschlusses auch zum Ablauf der nächsten zwei Monats‑Periode am 31. 8. 2018.
[9] 2.7. Würde man den Beschluss des Erstgerichts anders, nämlich als (unzulässige) neuerliche Verhängung einer Zwangsstrafe wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses zum 30. 6. 2018 verstehen, wäre im Übrigen daraus für den Rechtsstandpunkt der Revisionsrekurswerber nichts gewonnen, müsste doch dann das Erstgericht unverzüglich eine weitere Zwangsstrafe wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses zum 31. 8. 2018 verhängen. In Wahrheit ist jedoch – wie dargelegt – bei zutreffender Auslegung des Beschlusses des Erstgerichts dieser dahingehend zu verstehen, dass das Erstgericht ohnedies zutreffend wegen Nichtvorlage des Jahresabschlusses 2017 zum 31. 8. 2018 eine Zwangsstrafe verhängte.
[10] 3. Zusammenfassend bringen die Revisionsrekurswerber somit keine Rechtsfragen der von § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.
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