OGH 504Präs11/21h

OGH504Präs11/21h1.3.2021

Die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs fasst in der Disziplinarsache gegen *****, Rechtsanwalt in *****, AZ D 5/20 des Disziplinarrats der ***** Rechtsanwaltskammer, über den Antrag auf Ausschließung des Vorsitzenden des Disziplinarrats der ***** Rechtsanwaltskammer wegen Befangenheit den

 

Beschluss:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:504PRA00011.21H.0301.000

 

Spruch:

Der Antrag wird abgewiesen.

 

Begründung:

Bei der zuständigen Rechtsanwaltskammer ist ein Disziplinarverfahren anhängig, dem laut Einleitungsbeschluss vom 20. Oktober 2020 der Verdacht zugrunde liegt, der Disziplinarbeschuldigte habe durch näher bezeichnete Äußerungen in einer an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde gegen Berufspflichten sowie gegen Ehre und Ansehen des Standes verstoßen. An der Fassung dieses Einleitungsbeschlusses wirkte der Präsident der zuständigen Rechtsanwaltskammer als Vorsitzender mit.

Mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021, der auch einen Antrag auf Nichtigerklärung des Einleitungsbeschlusses und eine Aufsichtsbeschwerde enthält, lehnte der Disziplinarbeschuldigte ua den Präsidenten wegen Befangenheit ab. Über diesen Antrag hat gemäß § 26 Abs 5 zweiter Satz DSt die Präsidentin des Obersten Gerichtshofs zu entscheiden.

Der Disziplinarbeschuldigte wirft dem Präsidenten des Disziplinarrats zusammengefasst vor, der Einleitungsbeschluss sei grob falsch und reiße willkürlich Textzeilen aus der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof heraus. Aus der unvertretbaren Beurteilung ergebe sich die Befangenheit der Entscheidungsträger.

Rechtliche Beurteilung

Der abgelehnte Vorsitzende erklärte sich in seiner Stellungnahme auch für das fortzusetzende Verfahren für nicht befangen.

Der Antrag ist unberechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung liegt Befangenheit nicht nur vor, wenn ein Richter an eine ihm zukommende Tätigkeit nicht mit voller Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit herantreten kann, sondern es genügt der äußere, allerdings lediglich aus der Sache erfließende Anschein einer Hemmung vor unparteiischer Bearbeitung durch sachfremde psychologische Momente (20 Ns 3/14t mwN). Dass sich die Rechtsansicht des abgelehnten Vorsitzenden nicht mit jener des Disziplinarbeschuldigten deckt, ist per se nicht geeignet, seine Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen ( Lässig , WK-StPO § 43 Rz 12 mwN). Aus der Mitwirkung an einem Einleitungsbeschluss ist nicht auf die Befangenheit der dabei Mitwirkenden in der Hauptsache zu schließen (VfGH B 413/93 VfSlg 13.731; 20 Ns 3/14t je mwN). Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf, der Einleitungsbeschluss bringe in unvertretbarer Weise zum Ausdruck, dass Kritik an einer gerichtlichen Entscheidung generell unzulässig sei, ist schon deshalb unbegründet, weil sich der genannte Beschluss eingehend mit den Grenzen zulässiger Kritik von Rechtsanwälten in Schriftsätzen befasst. Ob diese Auffassung im konkreten Fall richtig ist, ist in der Disziplinarverhandlung zu klären. Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen sind nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen (RS0111290 [T10]). Es fehlt daher hier an Anhaltspunkten, die geeignet sind, bei einem verständig würdigenden, seinerseits äquidistanten Beurteiler die volle Unbefangenheit des abgelehnten Vorsitzenden in Zweifel zu ziehen (vgl 20 Ns 3/14t mwN).

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