OGH 15Os73/20d

OGH15Os73/20d19.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Februar 2021 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Mag. Fürnkranz und Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pateisky als Schriftführerin in der Strafsache gegen Armin R***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens des Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Craig R***** gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 9. Dezember 2019, GZ 28 Hv 69/19v‑79, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0150OS00073.20D.0219.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten Craig R***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch des Mitangeklagten Armin R***** (A./ und B./) enthält, wurde Craig R***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (A./) schuldig erkannt.

[2] Danach hat er – soweit hier von Relevanz – (zu A./) in St. J***** und anderen Orten im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Armin R***** als Mittäter mit dem Vorsatz, durch das Verhalten des Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Dieter H***** durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die wahrheitswidrige Vorgabe, Armin R***** habe mit Florian Hu***** einen aufrechten Vorvertrag für den Ankauf der Liegenschaft B***** in K***** (Projekt „S*****“), und unter Verschweigung des Umstands, dass Hu***** von diesem Vertrag aufgrund der Nichtleistung der vereinbarten Zahlungen durch Armin R***** bereits im Oktober 2014 zurückgetreten war, zu nachgenannten Handlungen verleitet, die diesen bzw ihm zuzurechnende Gesellschaften in einem 5.000 Euro, jedoch nicht 300.000 Euro übersteigenden Ausmaß von insgesamt 275.000 Euro am Vermögen schädigten, und zwar

[3] 1./ am 20. Dezember 2016 zur Überweisung von 35.000 Euro an „Stammkapital“, das zur Bezahlung des Craig R***** verwendet wurde, und 150.000 Euro als Darlehen, das an Armin R***** weitergeleitet wurde, auf ein Konto der C***** GmbH durch die I***** GmbH in Entsprechung der Gründungsvereinbarung über die Errichtung der C***** GmbH,

[4] 2./ am 2. Februar 2017 zur Überweisung eines weiteren Darlehensbetrags von 30.000 Euro durch die I***** GmbH auf ein Konto der C***** GmbH und

[5] 3./ am 6. Oktober 2017 als Kaufpreis für 8 % der Anteile an der C***** GmbH zur Zahlung von 60.000 Euro durch Dieter H***** persönlich auf ein Konto des Craig R*****.

Rechtliche Beurteilung

[6] Dagegen richtet sich die – ungeachtet der Untersuchungshaft eines Mitangeklagten rechtzeitige (vgl 12 Os 86/20v [12 Os 87/20s, 12 Os 88/20p]) – auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des soweit hier von Bedeutung auf freiem Fuß befindlichen Angeklagten Craig R*****, die ihr Ziel verfehlt.

[7] Der Ausspruch zum Unternehmenswert der C***** GmbH und der P***** GmbH wurde – dem diesbezüglichen Einwand (Z 5 vierter Fall) zuwider – sehr wohl begründet (US 9 iVm US 33; US 41 f).

[8] Der Vorwurf, das Erstgericht hätte ein vom Verteidiger vorgelegtes Rechtsgutachten vom 11. November 2019 betreffend die zivilrechtliche Rechtmäßigkeit von Ansprüchen (ON 72 S 7 ff) unerörtert gelassen, scheitert schon daran, dass die Ausführungen des Privatgutachters eine Rechtsfrage betreffen. Eine solche ist nicht Gegenstand der Beweisaufnahme und damit auch nicht Bezugspunkt der Mängelrüge (RIS‑Justiz RS0130194).

[9] Weshalb der – mit Bezugnahme auf das Verfahren AZ 1 A 445/16y des Bezirksgerichts Kitzbühel behauptete – Umstand, dass Florian Hu***** von dritter Seite Darlehen in Millionenhöhe zugekommen sein sollen, den entscheidenden Feststellungen einer (mit Betrugsvorsatz vorgenommenen) Täuschung auch durch Verschweigung des von Hu***** im Oktober 2014 erklärten Vertragsrücktritts (US 12 f, 34 ff) und damit über die Werthaltigkeit des in Rede stehenden Vertrags oder Projekts „S*****“ (US 23, 27, 29, 37, 40 f) in erörterungsbedürftiger Weise (Z 5 zweiter Fall) entgegenstehen sollen, erschließt sich (auch) aus der Beschwerde nicht. Gleiches gilt für isoliert herausgegriffene Details aus den (im Verfahren AZ 28 Hv 105/15g des Landesgerichts Innsbruck gemachten) Aussagen des Genannten.

[10] Gleiches gilt weiters für den nach den Feststellungen von Hu***** eingenommenen Rechtsstandpunkt, im Herbst 2014 zu einer Rücktrittserklärung berechtigt gewesen zu sein (US 12 [iVm ON 10 S 17 in ON 3 und ON 63 S 6 f, 10, 15 in ON 3], US 39 f), sowie für in ON 40 erwähnte Verfügungen des Hu***** im Jahr 2016 (also zu einem Zeitpunkt, wo Genannter den Rücktritt bereits erklärt hatte).

[11] Das E‑Mail des Armin R***** an Florian Hu***** vom 30. September 2014 (ON 40 S 12 = ON 3, darin ON 10 S 37) und der dort erwähnte Umstand, dass „Barzahlung … wie ursprünglich gewünscht“ beim Absender (= Armin R*****) „gewisse Probleme“ ausgelöst habe, wurde im Zusammenhang mit den Erwägungen zur Rücktrittserklärung des Florian Hu*****, welche von diesem auf die Nichtzahlung von fälligen Raten gestützt wurde (US 11 f), ohnehin berücksichtigt (US 33 f). Dass Armin R***** seine (ab Mai 2014 bestehenden) Zahlungsschwierigkeiten gegenüber Hu***** auf (angebliche) Probleme mit dem Schweizer Zoll zurückgeführt hatte, wurde unter Hinweis auf die diesbezüglichen Angaben des Florian Hu***** und die erwähnte Nachricht – mängelfrei – festgestellt (US 12, 33 f).

[12] Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen (Z 5 zweiter Fall) wurden auch die von der Verteidigung vorgelegten Unterlagen (ON 47) in die Beweiswürdigung einbezogen. Aus ihnen wurden nicht die von den Angeklagten gewünschten Schlüsse zum Kenntnisstand des Dieter H***** bezüglich eines von Hu***** im Jahr 2014 erklärten Vertragsrücktritts (oder dessen allfällige Strittigkeit) gezogen (US 23–28, 34–40). Die Tatrichter mussten dabei – dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Urteilsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) folgend – nicht jede einzelne dieser Urkunden einer besonderen Erörterung unterziehen. Dies gilt im Hinblick auf die Erwägungen des Schöffengerichts zur Darstellung des Dieter H***** (US 34–36, 39 f) auch für ein E‑Mail vom 6. Februar 2017 (ON 23a S 7 f, 123 f), zu welchem H***** Stellung genommen hatte (US 34 iVm ON 37 S 21 f und ON 78 S 42).

[13] Anhand einer eigenständigen Würdigung der Verfahrensresultate versucht die Beschwerde, die Feststellungen des Erstgerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu bekämpfen.

[14] Hinsichtlich nach dem 6. Oktober 2017 (vgl A./3./ des Urteils bzw A./3./a./ der Anklage) getätigter (weiterer) Zahlungen des Dieter H***** (A./3./b./ und c./ der Anklage) wurde vom Erstgericht ohnehin kein Betrugsvorsatz der Angeklagten festgestellt (US 23 ff, 29, 37 f). Weshalb nach diesem Zeitpunkt ausgetauschte E‑Mails (ON 47 S 31, 48 und 53) einer gesonderten Erörterung in Bezug auf die im Schuldspruch zu A./ angeführten Zahlungen (betreffend einen Tatzeitraum von 20. Jänner 2016 bis 6. Oktober 2017) bedurft hätten, macht die Beschwerde nicht klar. Gleiches gilt für nicht näher bezeichnete (vgl aber RIS‑Justiz RS0124172) „Urkunden betreffend ... Ankaufsanbotedes Armin R***** an Dieter H*****“.

[15] Mit Hinweisen auf Einlassungen der beiden Angeklagten behauptet der Beschwerdeführer, er sei von der grundsätzlichen Gültigkeit und Wirksamkeit der „Grundlagenvereinbarung“ mit Florian Hu***** ausgegangen, weshalb ihm auch kein Betrugsvorsatz unterstellt werden dürfe. Damit wird ein Begründungsdefizit iSd Z 5 jedoch nicht dargetan, sondern die Beweiswürdigung des Schöffengerichts (US 38–41) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld kritisiert.

[16] Schließlich wurden – den entsprechenden Einwänden (Z 5, nominell zum Teil auch Z 9 lit a) zuwider – sowohl die tatsächliche Mittäterschaft (bewusstes und gewolltes Zusammenwirken mit seinem Vater Armin R*****; US 15 f, 20–23, 35, 37 f) als auch die Feststellungen zur subjektiven Tatseite des Beschwerdeführers einwandfrei begründet (siehe insbesondere US 39 ff).

[17] Entsprechend dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) wurde – dem abschließenden Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zuwider – die (ganz überwiegend) leugnende Verantwortung auch des Angeklagten Craig R***** hinreichend beleuchtet (siehe insbesondere US 33 und 39 f; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 428).

[18] Mit dem Hinweis auf die Einlassungen der beiden Angeklagten, sie seien von der rechtlichenUngültigkeit des Vertragsrücktritts und somit vom Bestehen des Anspruchs gegenüber Florian Hu***** ausgegangen, gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen hervorzurufen.

[19] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet das Fehlen von „Anhaltspunkten“ für einen Vorsatz des Beschwerdeführers auf Schädigung und auf unrechtmäßige Bereicherung. Sie vernachlässigt allerdings (vgl RIS‑Justiz RS0099810) die Ausführungen des Urteils zur subjektiven Tatseite (US 28 f und 38–41), die im Kontext mit den Feststellungen zum objektiven Geschehen auch ausreichenden Sachverhaltsbezug aufweisen. Welcher Konstatierungen es darüber hinaus noch bedurft hätte, erklärt die Beschwerde nicht (RIS‑Justiz RS0099620 [T7]). Der Sache nach unternimmt sie abermals den Versuch, die Feststellungen des Erstgerichts nach Art einer Schuldberufung zu bekämpfen.

 

[20] Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Craig R***** war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

[21] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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