European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0130OS00081.20S.0113.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde Abdullah D***** jeweils mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG (I/ und II/) sowie der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach §§ 33 Abs 1, 38 Abs 1 FinStrG idF BGBl I 2005/103 (III/1, 2 und 3), idF BGBl I 2010/104 (III/4 und 5) und idF BGBl I 2012/112 (III/6 und 7) schuldig erkannt.
[2] Danach hat er in W***** im Bereich des Finanzamts Wien 2/20/21/22 als geschäftsführender Gesellschafter (US 5) der A***** GmbH vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten eine Verkürzung bescheidmäßig festzusetzender Abgaben bewirkt, und zwar
(I/) an Umsatzsteuer
1) für das Jahr 2007 um 19.730,14 Euro,
2) für das Jahr 2008 um 51.655,70 Euro,
3) für das Jahr 2009 um 81.708,32 Euro,
4) für das Jahr 2010 um 73.458,71 Euro,
5) für das Jahr 2011 um 81.695,73 Euro,
6) für das Jahr 2012 um 84.567,13 Euro und
7) für das Jahr 2013 um 60.781,29 Euro,
(II/) an Körperschaftsteuer
1) für das Jahr 2007 um 9.698,21 Euro,
2) für das Jahr 2008 um 4.924,85 Euro,
3) für das Jahr 2009 um 23.260,95 Euro,
4) für das Jahr 2010 um 72.001 Euro,
5) für das Jahr 2011 um 44.239 Euro,
6) für das Jahr 2012 um 42.283 Euro und
7) für das Jahr 2013 um 30.390 Euro sowie
(III/) an Kapitalertragsteuer, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Begehung der Abgabenhinterziehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar
1) für das Jahr 2007 um 13.153,43 Euro,
2) für das Jahr 2008 um 34.437,13 Euro,
3) für das Jahr 2009 um 54.472,21 Euro,
4) für das Jahr 2010 um 48.972,47 Euro,
5) für das Jahr 2011 um 54.463,82 Euro,
6) für das Jahr 2012 um 56.378,09 Euro und
7) für das Jahr 2013 um 40.520,86 Euro.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und „9a“ StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Der Einwand, dem Urteil sei nicht zu entnehmen, welche konkreten Rechnungen für die Ermittlung der im Rechenwerk der A***** GmbH nicht erfassten Umsätze herangezogen worden seien (nominell Z 5 erster Fall, der Sache nach Z 9 lit a), legt nicht dar, weshalb neben der Feststellung der Höhe der vom Angeklagten bewirkten Abgabenverkürzungen (US 9 f) eine Festellung zu jeder einzelnen dieser Berechnung zugrunde gelegten Rechnung für die rechtsrichtige Subsumtion nach § 33 Abs 1 FinStrG erforderlich sein sollte. Damit verfehlt er den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0116565 und RS0116569).
[5] Die festgestellten Verkürzungsbeträge blieben der Beschwerdeansicht zuwider keineswegs unbegründet (Z 5 vierter Fall), sondern wurden auf die als glaubwürdig beurteilten Angaben der Zeugin Michaela L***** sowie die Ergebnisse der Außenprüfung des Unternehmens gestützt (US 11 f).
[6] Die von der Verteidigung vorgelegten Kontoblätter aus dem Rechenwerk der V***** KG haben die Tatrichter – wie die diesbezügliche Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) behauptende Beschwerde im Übrigen selbst einräumt – sehr wohl berücksichtigt (US 13 f).
[7] Dass die bezughabenden Erwägungen der Tatrichter den Beschwerdeführer nicht überzeugen, stellt der Beschwerdebehauptung zuwider keine Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 5 vierter Fall StPO her.
[8] Die Feststellung, wonach der Angeklagte „beide Versionen von Ausgangsrechnungen elektronisch ab[speicherte]“ (US 6), ist weder für die Schuld‑ noch für die Subsumtionsfrage von Bedeutung und daher nicht entscheidend (RIS‑Justiz RS0117264). Solcherart versagt der darauf bezogene Einwand der Scheinbegründung.
[9] Indem die Tatsachenrüge (Z 5a) aus den Aussagen der Zeugen Yasar V*****, Fikret K*****, Bekir A***** (siehe US 13) und Michaela L***** (siehe US 11 f) anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
[10] Bezugspunkt einer Rechtsrüge (hier Z 9 lit a) in tatsächlicher Hinsicht ist – soweit kein Feststellungsmangel geltend gemacht wird – die Gesamtheit des Urteilssachverhalts, auf dessen Basis der Beschwerdeführer methodengerecht darzulegen hat, dass dem Erstgericht bei der Anwendung des materiellen Rechts ein Fehler unterlaufen ist (RIS‑Justiz RS0099810, RS0116565).
[11] Diese Vorgaben verfehlt die Rechtsrüge zum Schuldspruch I/7 mit dem Einwand, der Angeklagte sei nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der A***** GmbH am 2. Jänner 2015 (US 5) nicht mehr in der Lage gewesen, in deren Namen und auf deren Rechnung zu handeln, weshalb er – bezogen auf das Jahr 2013 – weder die am 3. März 2015 beim Finanzamt eingelangte Umsatzsteuererklärung noch die Verkürzung an Umsatzsteuer (US 9) zu verantworten habe.
[12] Denn sie leitet nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb die Feststellungen, wonach der die Abgabenverkürzungen als Geschäftsführer der A***** GmbH vorsätzlich bewirkende Angeklagte um seine abgabenrechtliche Verpflichtung zur Einreichung der Abgabenerklärung für die (Jahres-)Umsatzsteuer bis Ende April, bei elektronischer Übermittlung bis Ende Juni des jeweiligen Folgejahres wusste (US 10 f iVm US 17) und er die Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2013 dennoch bis 30. Juni 2014 nicht einreichte (US 8), für eine rechtsrichtige Subsumtion nach § 33 Abs 1 FinStrG nicht ausreichen sollten (zur Vollendung des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung durch Nichtabgabe von Jahressteuererklärungen im Zeitpunkt des Ablaufs der gesetzlichen Erklärungsfrist vgl eingehend Lässig in WK² FinStrG § 33 Rz 35 f).
[13] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
[14] Die Entscheidung über die Berufungen kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
[15] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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