European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0150OS00123.20G.1207.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde M***** H***** des Vergehens der fortgesetzten Gewaltausübung nach § 107b Abs 1 StGB (I./), mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB idF vor BGBl I 2019/105 (II./) sowie mehrerer Vergehen der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung nach § 205a Abs 1 StGB (III./) schuldig erkannt.
Danach hat er in M***** und V*****
I./ von Oktober 2017 bis 19. August 2019, sohin längere Zeit hindurch, gegen A***** F***** fortgesetzt Gewalt ausgeübt, indem er ihr – zusammengefasst – in zahlreichen, teils zwei Mal wöchentlichen Angriffen mit der flachen Hand und mit der Faust Schläge oder Fußtritte versetzte und sie würgte, wodurch sie Verletzungen in Form von Hämatomen und Prellungen erlitt;
II./ von September 2018 bis Mitte August 2019 die Genannte in rund fünf Angriffen mit Gewalt, indem er sie mit seinem Körpergewicht auf einem Bett niederdrückte und ihre Hände festhielt, sodass sie nicht weg konnte, zur Duldung des Beischlafs genötigt;
III./ von September 2018 bis 20. August 2019 mit der Genannten in rund fünf Angriffen gegen ihren Willen und nach vorangegangener Einschüchterung durch die unter I./ angeführten Gewalttätigkeiten den Beischlaf vorgenommen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 3 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Der Einwand der Verfahrensrüge (Z 3), die schriftliche Urteilsausfertigung entspreche nicht dem Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) im verkündeten Urteil, trifft nicht zu. Denn nach dem Hauptverhandlungsprotokoll (ON 38 S 12) verwies das Gericht bei der Verurteilung des Angeklagten auf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Salzburg vom 14. Februar 2020, womit dem Individualisierungsgebot des § 260 Abs 1 Z 1 StPO hinreichend Rechnung getragen wurde (Danek, WK‑StPO § 268 Rz 7). Der eindeutige Verweis auf bestimmte Texte stellt methodisch deren Wiedergabe dar (RIS‑Justiz RS0124017 [T2, T7], RS0132282).
Zu II./ des Schuldspruchs traf das Schöffengericht folgende Feststellungen zu den „rund fünf Angriffen“:
A***** F***** sagte dem Angeklagten „ausdrücklich, dass sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wolle. Dies ignorierte der Angeklagte, legte sich auf sie und drückte sie so mit seinem Körpergewicht auf dem Bett nieder, schrie sie an und nahm ihre beiden Hände, sodass sie nicht weg konnte. Er schob ihre Unterhose zur Seite, führte seinen Penis vaginal ein und vollzog den Geschlechtsverkehr.
Der Angeklagte wusste darum und wollte durch das Niederdrücken mit seinem Körpergewicht auf dem Bett und das Nehmen ihrer Hände, sodass sie nicht weg konnte, mit Gewalt ihren vermuteten und tatsächlichen Widerstand überwinden. Er wusste darum und wollte sie dadurch zur Duldung des Eindringens seines Penis in ihre Vagina nötigen“ (US 5 f).
Davon ausgehend leitet die Rechtsrüge (Z 9 lit a) ihre Behauptung, die Feststellungen würden für die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit nach § 201 Abs 1 StGB nicht ausreichen, es wären nähere Feststellungen zum fehlenden Einverständnis des Opfers bei jedem der „rund fünf Angriffe“ zu treffen gewesen, nicht methodisch korrekt aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116565).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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