European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E129887
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Das Gericht darf grundsätzlich die bei seiner Beweisaufnahme hervorkommenden Umstände nur insoweit berücksichtigen, als sie im Parteivorbringen Deckung finden. Darüber hinausgehende „überschießende“ Feststellungen dürfen nur dann berücksichtigt werden, wenn sie sich im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes oder der erhobenen Einwendungen halten (2 Ob 159/16w; RS0037964 [T1, T2]; RS0036933 [T6]). Diese Grundsätze gelten auch im Verfahren über das Erbrecht, in welchem das Gericht nach § 161 Abs 1 AußStrG den Sachverhalt im Rahmen des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote zu ermitteln hat. Die Frage, ob eine Feststellung als überschießend unbeachtlich ist, ist eine solche der rechtlichen Beurteilung (vgl RS0037972 [T11]; RS0040318 [T2]) und hat grundsätzlich keine über den einzelnen Rechtsstreit hinausgehende Bedeutung (RS0040318 [T3]).
[2] 2. Der Erstantragsteller (Witwer) hat sein testamentarisches Erbrecht im erstinstanzlichen Verfahren darauf gestützt, dass das zu Hause aufbewahrte Original des in Kopie vorgelegten Testaments nicht mehr vorhanden sei, das Testament jedoch bis zum Ableben der Erblasserin wirksam gewesen sei und ihrem Willen entsprochen habe. Die Drittantragstellerin hat vorgebracht, die Erblasserin habe das Testament absichtlich vernichtet, weshalb sie als gesetzliche Erbin zum Zuge komme.
[3] In der Ansicht des Rekursgerichts, die erstgerichtlichen Feststellungen, nach denen die Erblasserin das Testament nicht widerrufen wollte und dieses bloß zufällig abhanden kam, hielten sich im Rahmen des Vorbringens der Parteien und seien daher der Entscheidung zugrunde zu legen, ist keine Überschreitung des ihm zur Verfügung stehenden Beurteilungsspielraums zu erkennen.
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