OGH 12Os70/20s

OGH12Os70/20s28.7.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Juli 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz, Dr. Mann und Dr. Setz‑Hummel als weitere Richter in der Strafsache gegen Malchazi T***** wegen des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 14. Jänner 2020, GZ 180 Hv 75/18k‑207, nach Anhörung der Generalprokuratur gemäß § 62 Abs 1 zweiter Satz OGH‑Geo 2019 zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00070.20S.0728.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Malchazi T***** des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 2 Z 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 28. März 2014 in P***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Irakli Ta***** als Mittäter (§ 12 StGB) Franz und Wilhelmine Z***** fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 Euro übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch in eine Wohnstätte mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, und zwar Schmuck im Wert von ca 20.000 Euro sowie 70 Paar Socken und eine Pistole unbekannten Werts durch Aufbrechen der Terrassentür deren Wohnhauses.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 4 und 5 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zutreffend zeigt die Mängelrüge eine Unvollständigkeit der Begründung (Z 5 zweiter Fall) der Festellungen zur Täterschaft des Angeklagten auf.

Nach den relevanten Urteilskonstatierungen (US 3) fuhren der Angeklagte und Ta***** zum Zweck der Begehung eines Einbruchsdiebstahls nach P***** und wählten das Einfamilienhaus der Familie Z***** als Einbruchsobjekt aus. Um sicher zu gehen, dass sich keine Person im Haus befindet, läutete der Angeklagte zwei Mal an der Türglocke, danach brachen er und Ta***** die Terrassentür auf und drangen in das Haus ein. Sie handelten im bewussten und gewollten Zusammenwirken durch gemeinsames Auskundschaften des Einbruchsobjekts, Überprüfung, ob dieses unbewohnt ist, und durch Begehung des Einbruchsdiebstahls.

Diese Feststellungen gründeten die Tatrichter auf die für glaubwürdig erachteten Angaben des Zeugen Franz Z***** und die polizeilichen Ermittlungsergebnisse, insbesondere die im Inneren des Wohnhauses sichergestellten DNA-Spuren des Ta*****, die Einbruchsspuren und den Umstand des zweimaligen Anläutens an der Haustür des Einbruchsobjekts. Hingegen wurde die Verantwortung des Angeklagten, wonach er – zusammengefasst – nicht in das Einfamilienhaus der Familie Z***** eingebrochen, sondern nur deshalb dort gewesen sei, weil Ta***** von Franz Z***** ein Auto habe kaufen wollen, vom Erstgericht als widersprüchlich und unglaubwürdig verworfen (US 4 bis 6).

Zu Recht vermisst der Beschwerdeführer eine Erörterung der in der Hauptverhandlung vorgekommenen (vgl ON 206 S 3, wonach der „gesamte Akteninhalt gemäß § 252 Abs 1 Z 4, Abs 2 und 2a StPO einverständlich verlesen“ wurde) – die leugnende Verantwortung des Angeklagten stützen sollenden (im Übrigen die Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens begründenden [vgl ON 159 und ON 163]) – eidesstattlichen Erklärung des (mutmaßlichen) Mittäters Ta***** (ON 159 S 19). Dieser zufolge habe Ta***** den Angeklagten am 28. März 2014 ersucht, ihn zum Zweck eines Autokaufs zum gegenständlichen Wohnhaus zu begleiten. Dort hätten sie den Verkäufer zwei Mal angerufen und angeläutet, es habe niemand geöffnet und beide seien wieder nach G***** zurückgefahren. Der Angeklagte sei „unschuldig“ und habe „nichts gestohlen“.

Dieses Schriftstück stellt ein erhebliches Verfahrensergebnis dar, das der festgestellten Täterschaft des Angeklagten entgegensteht und daher – bei sonstiger Nichtigkeit aus Z 5 zweiter Fall – nicht unerörtert bleiben durfte ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 421, 424; RIS‑Justiz RS0118316, RS0098646).

Dieser Begründungsmangel erfordert die Aufhebung des angefochtenen Urteils bereits nach nichtöffentlicher Beratung und die Verweisung der Sache an das Erstgericht (§ 285e StPO).

Damit erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen.

Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

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