OGH 12Os1/20v

OGH12Os1/20v23.6.2020

Der Oberste Gerichtshof hat am 23. Juni 2020 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Solé als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oshidari und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Michel‑Kwapinski, Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel in Gegenwart der Schriftführerin Kontr. Gsellmann in der Strafsache gegen Helmut S***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 4. Juni 2019, GZ 13 Hv 1/19z‑75, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreterin der Generalprokuratur, Generalanwältin Mag. Gföller und des Verteidigers Mag. Mayerhofer zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0120OS00001.20V.0623.000

 

Spruch:

 

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im Strafausspruch aufgehoben und das Verfahren in diesem Umfang an das Landesgericht Linz zu neuer Verhandlung und Entscheidung verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch enthält, wurde Helmut S***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (I./) sowie mehrerer Vergehen der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen dem 7. Februar 1995 und dem 28. Jänner 2016 in L***** und an anderen Orten

I./ gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Nachgenannte durch die wahrheitswidrige Vorgabe, die an ihn übergebenen Geldbeträge würden in ein sicheres und hochverzinsliches Wertpapierdepot der G***** AG investiert, wofür der „G*****‑Konzern“ haften würde, zu im Urteil einzeln angeführten Bargeldübergaben von jeweils mehr als 5.000 Euro verleitet, welche die Genannten um insgesamt 4.063.321,48 Euro an ihrem Vermögen schädigten, und zwar

1./ Susanne St***** in fünf Angriffen zur Übergabe von insgesamt 203.603,70 Euro,

2./ Margit M***** in 37 Angriffen zur Übergabe von insgesamt 1.985.152,69 Euro,

3./ Univ.‑Prof. Dr. Franz St***** in neun Angriffen zur Übergabe von insgesamt 696.534,57 Euro,

4./ Ursula und Prim. Dr. Wolfgang H***** in 36 Angriffen zur Übergabe von insgesamt 1.010.730,52 Euro und

5./ Dr. Tassilo T***** in zwei Angriffen zur Übergabe von insgesamt 167.300 Euro;

II./ falsche Urkunden im Rechtsverkehr zum Beweis einer Tatsache, nämlich zum Nachweis der firmenmäßigen Bestätigung seitens der G***** AG über die Veranlagung und die Verlängerung der Veranlagung in das besondere Wertpapierdepot der G***** AG gebraucht, indem er den unter I./ angeführten Geschädigten Bestätigungen über den getätigten Einmalerlag (Veranlagung) sowie über die getätigten Verlängerungen der Veranlagung ausstellte und übergab, auf denen er neben dem Stempel der „Regionaldirektion Oberösterreich“ der G***** AG und seiner eigenen Unterschrift auch mit einer „Fantasieunterschrift“ eines (vorgetäuschten) weiteren Vertreters der G***** AG unterschrieb.

Rechtliche Beurteilung

Allein gegen den Strafausspruch wendet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

Zutreffend zeigt die Sanktionsrüge (Z 11) auf, dass die erschwerende Wertung des bereits für die Annahme gewerbsmäßigen Handelns erforderlichen „eigenen Gewinnstreben[s]“ (US 34) einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot (§ 32 Abs 2 StGB) darstellt ( Jerabek/Ropper in WK 2 StGB § 70 Rz 21). Denn Umstände, die bereits die Strafdrohung bestimmen, dürfen bei der Strafbemessung im engeren Sinn nicht als erschwerend oder mildernd berücksichtigt werden ( Fabrizy , StGB 13 § 32 Rz 5).

Es war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben und das angefochtene Urteil in dem im Spruch ersichtlichen Umfang aufzuheben.

Im Umfang der Aufhebung war das Verfahren zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen.

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Aufhebung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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